Für Continental ist es ein außerordentlich wichtiges Produktionsland. Rund 23.000 Mitarbeiter hat der Autozulieferer aus Hannover in Mexiko, sie stellen Bremsen, Reifen und jede Menge Elektronik für Autos in ganz Nordamerika her. Gerade erst hat Conti 90 Millionen US-Dollar in eine Anlage für Hydraulikschläuche im zentralmexikanischen Bundesstaat Aguascalientes investiert, das zweiundzwanzigste Werk des Konzerns im Land.
Doch jetzt kommen Trumps Zölle, und die Reaktionen sind geradezu hilflos. Man trete für „einen freien, fairen und regelbasierten Handel“ ein, sagte Conti-Chef Nikolai Setzer am Dienstag auf der virtuellen Bilanzpressekonferenz. Eine Taskforce geht die Lieferantenbeziehungen mit jedem Kunden durch, um Auswirkungen abzuschätzen.
Conti: 20 Prozent des Konzernumsatzes entfallen auf die USA
Conti steht beispielhaft für die hochkomplexe Struktur, die globale Hersteller – auch aus Europa – aufgebaut haben, um den nordamerikanischen Markt zu bedienen. Der hat viel Gewicht, auch für die Zulieferer: Rund 26 Prozent des Umsatzes von Conti entfielen zuletzt auf die Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada, die Conti analog zum dort geltenden Freihandelsabkommen unter dem Schlagwort USMCA zusammenfasst.
Der Großteil davon, etwa 20 Prozent des Konzernumsatzes, entfällt allein auf die USA, die nun neue Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Einfuhren aus den beiden anderen Staaten erheben.
Aktie verliert mehr als neun Prozent
Dass Conti am gleichen Tag mit einem schwachen Ausblick auf das neue Geschäftsjahr 2025 aufwartete, ließ Anleger Reißaus nehmen. Der globale Umsatz des Reifen- und Technologieherstellers soll 2025 eine Bandbreite zwischen 38 und 41 Milliarden Euro erreichen und damit im schlimmsten Fall weiter sinken, nachdem dieser schon 2024 um gut vier Prozent auf 39,7 Milliarden Euro nachgegeben hatte.
Das Gleiche gilt für die bereinigte operative Umsatzrendite, die zwischen 6,5 bis 7,5 (2024: 6,6) Prozent liegen soll. An der Börse gab die Conti-Aktie am Dienstag zeitweise um mehr als neun Prozent auf knapp 63 Euro nach und war damit das Schlusslicht im deutschen Leitindex Dax.
Folgen sind für Autozulieferer noch nicht absehbar
Conti-Chef Setzer sagte, er könne noch nichts Genaues zu Folgen der neuen Zölle sagen. Man beobachte die Situation „sehr aufmerksam“, auch mit Blick auf Preise für Endkunden. Die Lieferbeziehungen mit Automobilherstellern vor Ort seien sehr unterschiedlich, sagte er.
Conti beliefert Unternehmen, die in Mexiko für den südamerikanischen Markt produzieren, genau wie amerikanische und europäische Autohersteller, die die niedrigen Löhne im Land nutzen und von dort in die Vereinigten Staaten oder auch in den Rest der Welt exportieren. Gleichzeitig ist Conti auch innerhalb der USA stark präsent. Man habe dort über die vergangenen zehn Jahre mehr als drei Milliarden Euro investiert, sagte Setzer.
Für mögliche Zölle auf Technik aus Mexiko wolle man nun „partnerschaftliche Lösungen“ finden, sagte Finanzvorstand Olaf Schick der F.A.Z. Conti dürfte sich wohl mit der Hoffnung herumtragen, dass Autohersteller für Mehrkosten durch neue Zölle aufkommen oder Technik gleich „ab Werk“ abnehmen, statt sie sich zum Beispiel in die Vereinigten Staaten liefern zu lassen. Dann wäre die ganze Zollabwicklung Sache des Autokonzerns. Großabnehmer wie Volkswagen oder amerikanische Hersteller wie Ford und GM dürften dagegen Druck ausüben, um einen möglichst großen Teil der Last auf die Zulieferer abzuwälzen.
Verschärft wird die Lage für die Autobranche dadurch, dass der ganze Weltmarkt schwächelt. Nachdem die Verkäufe von Autos und leichten Nutzfahrzeugen im vergangenen Jahr um ein Prozent auf 89 Millionen Stück nachgegeben haben, könnten sie in diesem Jahr nach Einschätzung von Conti nochmals in gleicher Höhe sinken. Bestenfalls erwartet der Konzern ein Plus von einem Prozent. Gleichzeitig wächst der Wettbewerb durch chinesische Anbieter, auch unter den Zulieferern.
Automotive-Sparte soll noch 2025 an die Börse gehen
Conti drückt noch stärker auf die Kostenbremse und hatte zuletzt einen weiteren Stellenabbau in der Forschung und Entwicklung seiner Automotive-Sparte beschlossen. Das Unternehmen bekräftigte am Dienstag, dass die Sparte wie angekündigt noch dieses Jahr über eine Ausgründung – den Spin-off – vom Rest des Konzerns abgespalten und an die Börse gebracht werden soll.
Zwar könnte das Umfeld besser sein, aber das Geschäftsfeld Automotive habe an seinen Kosten gearbeitet und sei auf gutem Weg, hieß es. Die operative Umsatzrendite der Sparte hat sich gegenüber dem Vorjahr leicht von zwei auf 2,3 Prozent verbessert und soll dieses Jahr auf 2,5 bis vier Prozent steigen. Auf einem Kapitalmarkttag im Sommer will Conti mehr zu den Finanzen und der Strategie der Sparte sagen.