Milliardenpaket von Union und SPD: Die schwarz-rote Rechnung

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Es ist genau andersherum gekommen, als es Friedrich Merz versprochen hat: Erst werden die Schuldenfesseln gelockert, später redet man über den Rest. Keine zehn Tage haben die Unterhändler von CDU/CSU und SPD gebraucht, um eine Änderung des Grundgesetzes zu verabreden, die es in sich hat. Die absehbare schwarz-rote Koalition wird auf Schulden gebaut. Wie viele es sein werden ist unklar, aber die zusätzlichen Kredite, die sie am Faschingsdienstag verabredet haben, können sich am Ende leicht auf eine Billion Euro addieren. Der Kanzlerkandidat der Union hatte im Wahlkampf einen anderen Eindruck erweckt. Er hatte eine Reform der Schuldenregel zwar nicht ausgeschlossen, aber nie zu erkennen gegeben, dass da Druck im Kessel ist. Vielmehr wollte er erst notwendige Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik einleiten, bevor über fehlendes Geld geredet werden sollte.

Klar, Not kennt kein Gebot. Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Tagen weiter dramatisch zugespitzt. Amerika driftet unter Donald Trump weg vom Bündnis, das dem demokratischen Westen über Jahrzehnte Freiheit und Sicherheit garantiert hat. Europa, das sich viel zu lange auf den reichen und starken Onkel in Washington verlassen hat, steht blank da. Deutschland muss massiv mehr in seine Verteidigungsfähigkeit investieren. Es fehlt an militärischem Material, aber auch an Aufklärungssystemen im All, an digitaler Kompetenz und an Menschen, die bereit sind, notfalls mit dem eigenen Leben für die Freiheit des Landes einzustehen.

Dass hier schnell gehandelt werden muss, ist unbestritten. Ebenso, dass die Investitionen in die eigene Sicherheit nicht am fehlenden Geld scheitern dürfen. So kann man grundsätzlich verstehen, dass die Verteidigungsausgaben nur noch teilweise auf die Schuldenregel angerechnet werden sollen. Aber warum ein Prozent? Das ist weniger als bisher im sogenannten Einzelplan 14 für die Truppe vorgesehen ist. Will man sich so Luft schaffen im Haushalt für anderes?

Davon zu trennen ist das geplante Sondervermögen für die Infrastruktur: 500 Milliarden Euro bis 2035. Das ist nur etwas weniger als ein Drittel der gesamten Schulden, die der Bund heute hat. So viel zur Dimension dieser Maßnahme. Leider ist nicht einmal gesichert, dass es zusätzliche Investitionen sein sollen, die so finanziert werden. So sind Verschiebebahnhöfe zu befürchten, um lieb gewonnene konsumtive Ausgaben weiter finanzieren zu können. Von dem Geld aus dem neuen Schuldenextratopf sollen auch Länder und Kommunen profitieren.

So nebenbei kassiert man damit die Aufgabentrennung, stattdessen lebt die ineffiziente Mischfinanzierung von früher auf. Wer wofür zuständig ist, weiß damit kein Bürger, das wollte man eigentlich aus gutem Grund nicht mehr. Und wer erst das Geld ins Schaufenster stellt und dann die Handwerker ruft, darf sich nicht wundern, wenn die Preise durch die Decke gehen. Damit nicht genug, sollen die Bundesländer nebenbei das Recht erhalten, sich unabhängig von der Konjunktur mit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verschulden, also aktuell mit rund 16 Milliarden Euro im Jahr.

Union und SPD tun so, als wenn Schulden wie im vergangenen Jahrzehnt nichts kosteten. Dem ist leider nicht so. Die Rechnung wird mit den Krediten wachsen. Die wachsende Zinslast verengt den Handlungsspielraum künftiger Generationen, wenn die Wirtschaft und damit die Steuereinnahmen nicht schneller zulegen. Wird die nächste Koalition die Fesseln der Bürokratie ebenso schnell abstreifen und die überschießenden Sozialausgaben einfangen, wie sie jetzt die Schuldenbremse aufbohrt? Hier sind Zweifel erlaubt. Heute mehr als vor der Wahl. Mit den gigantischen zusätzlichen Schulden sinkt der Reformdruck. So mancher Wähler dürfte sich von Friedrich Merz getäuscht fühlen – zu Recht.