Die Pauschalreise bekommt eine Frischekur

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Spanien vor der Türkei, aber – wenn es nach Zielflughäfen geht – das türkische Antalya vor der spanischen Insel Mallorca: So sehen die Favoriten der Deutschen für Urlaubsreisen ins Ausland aus. Diesen Destinationen ist gemein, dass sie Anziehungspunkte für Kunden sind, die Pauschalreisen buchen. Flug mit bis zu 180 anderen Pauschalbuchenden, Busfahrt zur Unterkunft und Nächte in Hotels mit tendenziell etwas höherer Zimmerzahl zu einem Paketpreis – so sehen dann die Ferien aus.

Über Jahrzehnte hat sich diese Form des Reisens zum Umsatztreiber im Urlaubsgeschäft entwickelt, bis in der Öffentlichkeit ein Abgesang auf die Kategorie der Pauschalreise einsetzte, die dem Namen nach wenig individuell und auch etwas altbacken klingt. Die großen Anbieter wie TUI und Dertour aus dem Rewe-Konzern halten beharrlich dagegen, ihre Umsätze stiegen von Jahr zu Jahr und seien auf Rekordhöhe.

Auch Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), sieht keine Krisenzeichen. „Der Zuspruch für die gut abgesicherte, klassische Pauschalreise wächst erneut. Im Vergleich zum Vorjahr haben bereits sechs Prozent mehr Menschen einen Urlaub mit einem Reiseveranstalter gebucht“, sagte er zum Auftakt der Reisemesse ITB in Berlin. Laut DRV flossen von den 83,4 Milliarden Euro, die in Deutschland 2024 für Urlaubsbuchungen ausgegeben wurden, 39,8 Milliarden Euro – somit knapp die Hälfte – zu Reiseveranstaltern mit ihrem Kernprodukt Pauschalreise.

Kundenzahl unter dem Niveau von 2019

Doch Umsatzrekorde sind auch durch die Preiserhöhungen der vergangenen Jahre entstanden. Die Zahl der Pauschalurlauber liegt unter dem Vor-Corona-Niveau. Für den Sommer 2024 bilanzierte der Marktforscher TDA ein Umsatzplus von 24 Prozent gegenüber 2019 und ein Gästeminus von neun Prozent. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen hatte indes herausgefunden, dass im vergangenen Jahr die Rekordzahl von 56,4 Millionen Menschen mindestens einmal für fünf oder mehr Tage in den Urlaub gefahren war – aber eben nicht immer pauschal.

Auffällig oft setzen die Pauschalanbieter nun zur Verteidigung ihres Geschäftsmodells an. Sie fühlen sich missverstanden. Dertour hat in einer Studie, die das Unternehmen selbst in Auftrag gegeben hatte, erfahren müssen, dass 27 Prozent glaubten, man bleibe auf einer Pauschalreise immer in einer Unterkunft an einem Ort. „Dass dieses Vorurteil nicht stimmt, sieht man auch an unserem Angebot: Pauschalreisen können höchst individuell sein und gleichzeitig hohen Komfort und umfassenden Schutz bieten“, sagt Dertour-Produktchef Sven Schikarsky.

Die Fluggesellschaft Eurowings aus dem Lufthansa -Konzern fand heraus, dass ein Drittel bewusst auf eine Pauschalreise verzichte. Der Hauptgrund: 31 Prozent gaben an, sie empfänden eine Pauschalreise als zu teuer. Für Eurowings-Chef Jens Bischof ist das ein Trugschluss. Individuell Reisende kalkulierten oft nicht mit, dass auf sie vor Ort Kosten für Essen und Taxifahrten zukämen.

„Pauschalreise ist immer günstiger“

Alltours -Manager Georg Welbers ist gar überzeugt: „Die Pauschalreise ist immer günstiger als eine individuell gebuchte.“ Und Dertour erklärt: „Durch den Einkauf von großen Kontingenten sowohl von Zimmern in Hotels als auch von Flügen bei Airlines ergibt sich ein Mengenvorteil, den Veranstalter an den Kunden weitergeben.“

Eurowings-Chef Bischof steht nun vor dem Einstieg in das Pauschalreisegeschäft. Von April an verkauft die Airline nicht nur Flugtickets, sondern auch eigene Reisepakete. „Wir meinen es ernst, wenn wir sagen, dass wir Dynamik in den Reisemarkt bringen wollen“, sagt er dazu. Und zur Dynamik dürfte auch eine Frischzellenkur für die Idee der Pauschalreise gehören.

Die gesamte Branche arbeitet an der Fortentwicklung einer Reiseform, die seit Jahrzehnten vor allem mit einer Auszeit am Mittelmeerstrand verknüpft war. „Urlaub kann man an vielen Anlässen aufhängen, nicht nur am Wunsch, eine Woche am Strand zu verbringen“, sagt Bischof. „Andere wollen Polarlichter in Lappland sehen, Schlittenfahren und eine Eishöhle besuchen oder eine Städtereise rund um ein Taylor-Swift-Konzert machen“, sagt er.

Das seien zwar andere Reisemotive als der Sonnenhunger, zur Idee der Pauschalreise passten sie dennoch. Die basiere darauf, Flug, Unterkunft und weiteres zu einem Komplettpreis anzubieten, obendrein gebe es für den Urlauber noch eine Absicherung für den Notfall und gegen die Insolvenz des Anbieters. Unklar ist, wie zugkräftig es war. Denn Urlauber denken vor der Buchung wohl ungern daran, was unterwegs alles schief gehen könnte.

DSGVO Platzhalter

Auch Marktführer TUI hat schon Städtereisen zum Wachstumsfeld und zur Erweiterungschance für das eigene Geschäft erklärt. Zudem will der Konzern stärker auf verschiedene Kundengruppen eingehen. „Der Wunsch nach großen Familienzimmern wächst“, nennt Deutschland-Chef Benjamin Jacobi ein Beispiel. Und das gehe so weit, dass Familien mit zwei oder mehr Kindern schon vor der Buchung den Grundriss eines bestimmten Hotelzimmers sehen wollten. Darauf bereitet man sich vor.

Zugleich reifte die Erkenntnis, sich eher wenig um Alleinreisende – von jungen Singles bis hin zu Senioren – gekümmert zu haben. Laut Jacobi sei mittlerweile mit jeder neunten Anfrage für einen TUI-Urlaub der Wunsch nach einer Reise allein verbunden. Mit speziellen Konditionen außerhalb der Hochsaison, bei denen das leere Nebenbett nicht voll bezahlt werden müsse, werde reagiert. Und dann ist da noch die Sache mit der Urlaubswäsche. TUI will herausgefunden haben, dass 14 Prozent der Urlauber in der ersten Woche nach der Heimkehr den Koffer nicht auspacken. In ersten Unterkünften lässt sich nun gegen Gebühr schon vor dem Heimflug alles waschen.