Macron spricht über nuklearen Schutzschirm für europäische Verbündete

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Wenn alle Fernsehsender zur Hauptabendnachrichtenzeit in den Elysée-Palast schalten und die Töne der Marseillaise erklingen, ist die Lage ernst. Präsident Emmanuel Macrons TV-Ansprache am Mittwochabend entsprach dieser Tradition. In knapp einer Viertelstunde konfrontierte er die Bürger mit der neuen Bedrohungslage und forderte sie auf, sich für ihr Land und Europa zu engagieren. „Russland ist (…) für die kommenden Jahre zu einer Bedrohung für Frankreich und Europa geworden“, sagte er. Unter Staatschef Wladimir Putin rüste das Land weiter auf und wolle seine Armee bis 2030 mit 300.000 zusätzlichen Soldaten, 3000 Panzern und 300 zusätzlichen Kampfflugzeugen verstärken. „Wer kann in diesem Zusammenhang glauben, dass Russland nach der Ukraine Halt machen wird?“, warnte er düster.

Aber anders als in der Vergangenheit sei auf „unseren Verbündeten in Amerika“ kein Verlass. „Ich möchte glauben, dass die Vereinigten Staaten an unserer Seite bleiben werden, aber wir müssen bereit sein, wenn dies nicht der Fall sein sollte“, sagte Macron. Frieden könne nicht um jeden Preis und unter dem Diktat Russlands geschlossen werden. „Wir dürfen nicht vergessen, dass Russland 2014 begonnen hat, in die Ukraine einzumarschieren und dass wir damals in Minsk einen Waffenstillstand ausgehandelt haben“, so Macron. Aber Russland habe den Waffenstillstand nicht eingehalten. „Man kann Russland nicht mehr aufs Wort glauben“, mahnte er.

Macron stimmt Franzosen auf neue Sparmaßnahmen ein

Der Präsident informierte seine Landsleute darüber, dass er „den historischen Appell“ des künftigen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) erwidern und mit Deutschland über eine erweiterte nukleare Abschreckung sprechen wolle. Zugleich sagte er den Franzosen zu, dass sich an der Entscheidungskette nichts ändern werde. „Die Entscheidung, was auch immer geschieht, wird immer in den Händen des Präsidenten der Republik liegen“, sagte er. Das war vor allem der Kritik vom rechten und vom linken Rand geschuldet. Sowohl im Rassemblement National (RN) als auch in der Linkspartei LFI gibt es Widerstand dagegen, den nuklearen Schutzschirm auf andere europäische Länder und insbesondere auf Deutschland auszuweiten.

Macron stimmte seine Landsleute auf neue Sparmaßnahmen ein, um die Verteidigungsausgaben angesichts der angespannten Haushaltslage erhöhen zu können. „Es werden Reformen erforderlich sein“, sagte Macron, ohne allerdings zu präzisieren, wo er neue Finanzmittel mobilisieren will. „Wir bleiben der NATO und unserer Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika verpflichtet. Aber wir müssen mehr tun“, sagte er. „Die Zukunft Europas darf nicht in Washington oder Moskau entschieden werden“, meinte Macron. Die Friedensdividende seit dem Mauerfall sei nun endgültig versiegt.

Macron erinnerte an den französisch-britischen Plan über eine einmonatige, überprüfbare Feuerpause, den sich der ukrainische Präsident Selenskyj zu eigen gemacht hat. Nächste Woche werde er in Paris die Generalstabschefs der Streitkräfte befreundeter Länder versammeln, die sich an dem Friedensplan beteiligen wollten. Macron nannte nicht die Liste der eingeladenen EU-Partner.

Macron warnte zudem vor einem neuen Handelskrieg. Die geplanten Zölle der USA seien „unverständlich“. Er hoffe den amerikanischen Präsidenten noch überzeugen zu können, die EU nicht mit Strafzöllen zu belegen. Er habe die Regierung bereits gebeten, über Gegenmaßnahmen nachzudenken. Europa habe „die Stärke und die Talente“, gegenüber Amerika und Russland zu bestehen, wenn es einig sei und an sich selbst glaube, schloss er. Im Anschluss traf er mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zusammen, der Trumps Russlandpolitik gutheißt und die Ukraine-Unterstützung in der EU nicht mittragen will.