Das Strafgericht Old Bailey hat am Freitagnachmittag die Urteile im Prozess gegen mehrere bulgarische Staatsbürger gesprochen, die dem von Wirecard-Ex-Vorstand Jan Marsalek angeführten Spionagering angehörten. Die 33 Jahre alte Katrin Ivanova, der 30 Jahre alte Vanya Gaberova, und der 39 Jahre alte Tihomir Ivanchev, wurden alle wegen „Verschwörung“ schuldig gesprochen. Zwei weitere Bulgaren, der Anführer Orlin Roussew und Biser Dzhambazow, hatten schon zu Beginn des Prozesses Geständnisse abgelegt und sich der Spionage schuldig bekannt.
Ihre Aktivitäten nannten die Ermittler den wichtigsten Fall von Spionage seit Jahrzehnten im Königreich. Dominic Murphy, Chef einer Anti- Terror-Einheit von Scotland Yard, sagte: „Das war Spionage in einem fast schon industriellen Ausmaß für Russland und russische Geheimdienste.“
Laut Anklage, der das Gericht folgte, hat das Trio in den Jahren 2020 bis 2023 verschiedene Ziele ausspioniert, darunter russische und kasachische Dissidenten, Moskau-kritische Investigativ-Journalisten und ukrainische Soldaten in einem Ausbildungsstützpunkt in einer Stuttgarter Kaserne. Der Spionagering beratschlagte und plante dabei auch, Putin-kritische Journalisten zu kidnappen. Sogar die Tötung von Opfern wurde besprochen. Die weiblichen Spioninnen beschatteten sie auf europäischen Flügen, machten Fotos und versuchten mit ihnen als „Honigfalle“ anzubandeln, um kompromittierende Videos zu produzieren.
Die bulgarischen Spione agierten dabei unter Leitung von Marsalek, der unter dem Decknamen Rupert Ticz auftrat. Nach Einschätzung der Ermittler soll Marsalek schon im Jahr 2014 als Agent für Russland angeworben worden sein. Der Österreicher setzten sich im Sommer 2020, als der Milliardenbetrug beim Zahlungsdienstleister Wirecard aufflog, ins Ausland ab. Nach Einschätzung von Polizeibehörden hält er sich jetzt mutmaßlich in Russland auf. Marsalek war in dem Strafprozess in London nicht selbst angeklagt.
Die Ermittler haben etwa 80.000 Telegram-Nachrichten sichergestellt und ausgewertet, die Marsalek alis Ticz mit Orlin Roussew, einem Mittelsmann und lokalen Anführer der Spione austauschte. Bei den fünf Angeklagten fanden die Ermittler 77 gefälschte Pässe auf 55 Fake-Namen aus verschiedenen Ländern wie Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Kroatien, der Slowakei, Griechenland und Tschechien. Das Strafmaß gegen die Fünf wird später verkündet.