Auf dem Bildschirm trägt Saschko schwarze Lackschuhe und eine rote Fliege. Der lange Mantel macht seine Verkleidung perfekt. Vor ihm sitzen Kinder in einer Schulturnhalle im Kreis. Saschko der Zauberer atmet tief ein. Dann pustet er mit voller Kraft in seine Faust. Die Mädchen mit den akkurat geflochtenen Zöpfen kreischen laut auf. Bei jedem neuen Anlauf schallt ihr Gejohle aus den Lautsprechern des Telefons. Doch die Geräusche passen hier nicht hin. Noch bevor der Zaubertrick endet, bricht die wackelige Aufnahme ab.
Saschko der Soldat stopft sein Smartphone wieder in die Tasche. Genug Erinnerungen. Der Zauberer von damals sitzt heute mit einer staubigen Tarnuniform in einem muffigen Kellerloch. Es riecht nach Zigaretten und Gas. Von der Decke baumelt eine einzelne grelle Glühlampe. Durch eine abgeklebte Luke hört man das laute Surren der FPV-Drohnen draußen. Sie klingen wie gigantische Moskitos, die um das Gebäude schwirren. Dieses Geräusch ist es, das die Männer immer wieder besorgt nach oben blicken lässt. Die laut scheppernden Einschläge hingegen scheinen sie gar nicht mehr wahrzunehmen. Nur die Katze, die sie Prinzessin nennen, rennt noch manchmal hektisch zur Treppe, wenn es kracht.
Das winzige Kellerverlies ist eigentlich eine ukrainische Mörserposition am Rande von Pokrowsk. Von hier aus werden Granaten durch das Rohr eines Mörsers auf russische Stellungen geschossen. Die nächste ist hier, im tiefen Osten der Ukraine, nur drei Kilometer entfernt. Noch vor einem halben Jahr hortete in diesem Keller eine Oma ihr eingelegtes Gemüse. Doch im Drohnenkrieg ist man nur unter der Erde sicher. Je tiefer, desto besser. Deshalb harren hier jetzt fünf Männer in einem unterirdischen Bettenlager aus: Saschko, Dima, Juri, Vanja und Ljontschik. Der jüngste ist 28, der älteste 55 Jahre alt.