Kerosin läuft in die Nordsee

8

Am Vormittag des 10. März rammte der Frachter Solong vor der britischen Ostküste den Öltanker Stena Immaculate, der dort ankerte. Die beiden Schiffe gerieten in Brand, 36 Seeleute konnten gerettet werden, die Suche nach einem vermissten Besatzungsmitglied der Solong wurde in der Nacht abgebrochen. Am Morgen des 11. März brannten die Schiffe noch immer.

Der Ort des Schiffsunglücks vom 10 März 2025
Der Ort des Schiffsunglücks vom 10 März 2025dpa

In der Nähe des Unfallortes liegen einige Meeresschutzgebiete mit ihren Lebensräumen für Fische, Krebstiere und Vögel, darunter Flamborough Head und Holderness. So kurz vor der Brutsaison ist das Leben der Tiere in diesen Gebieten nun akut gefährdet, denn beide Schiffe transportierten giftige Fracht.

Die Stena Immaculate hatte Kerosin für das US-Militär geladen, nun fließt das Flugbenzin in die Nordsee. Ob auch Schiffstreibstoff ins Meer läuft, ist noch unklar. Zudem hatte die Solong Container mit der Chemikalie Natriumcyanid geladen, die ebenfalls in die Umwelt gelangt ist.

Industriechemikalie und Kerosin

Natriumcyanid ist für Meereslebewesen zwar akut giftig, reagiert aber im Wasser zu Blausäure. Die ist gasförmig, entweicht aus dem Wasser, verteilt sich in der Atmosphäre und wird dort abgebaut. Innerhalb von zwei Wochen sollte kein Natriumcyanid mehr im Wasser sein.

Anders ist es mit dem auslaufenden Treibstoff, sagt der Umweltexperte Jonathan Paul von der University of London. Es sei – anders als bei Rohöl – zwar nicht damit zu rechnen, dass schwarze Ölklumpen die Vogelnester verschmutzen. Denn Kerosin ist ein leichter Treibstoff, der in der See von Bakterien abgebaut werden kann. Allerdings besteht das Kerosin, das die US-Luftwaffe einsetzt, aus mehr als 200 Stoffen, darunter sind nach Aussagen von Experten bis zu 50 Prozent giftige aromatische Kohlenwasserstoffe. Problematisch für die Meeresumwelt sind auch die Additive, die dem Kerosin zugesetzt sind, etwa Enteisungsmittel, Korrosionsschutzmittel oder Schmieröle. „Man darf nicht einfach warten und auf einen Verdünnungseffekt im Wasser hoffen“, meint Paul. „Der Treibstoff muss aktiv aus dem Wasser entfernt werden.“

In der Regel werden ölige Stoffe mit einem Absorptionsmittel aus dem Wasser entfernt. Je nachdem, wie viel Kerosin ins Meer gelangt, kann das Wochen dauern. Wie lange genau, wird sich erst in einigen Tagen zeigen.

David Slater von der Universität Cardiff meint gegenüber dem britischen Science Media Center sogar, es sei in manchen Fällen für die Meeresumwelt besser, den austretenden Treibstoff brennen zu lassen.