USA und Ukraine in Saudi-Arabien: Annäherung nach dem Eklat

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In der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda haben sich am Dienstag ukrainische und amerikanische Delegationen zu Gesprächen über ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine getroffen. „Das Treffen mit dem US-Team begann sehr konstruktiv, wir arbeiten auf einen gerechten und dauerhaften Frieden hin“, teilte der ukrainische Verhandlungsführer Andrij Jermak auf Telegram mit.

Auf Bildern war zu sehen, wie der Chef des ukrainischen Präsidialamtes mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow an einem Tisch mit dem amerikanischen Außenminister Marco Rubio und dem Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz Platz nahm.

Die Gespräche kommen zu einem Zeitpunkt, an dem das amerikanisch-ukrainische Verhältnis so schlecht ist wie nie. US-Außenminister Rubio zeigte sich auf dem Weg nach Saudi-Arabien am Montag jedoch „optimistisch“. Sollte das Treffen laufen wie geplant, „werden wir bald an einem ganz anderen Punkt sein“. Die Amerikaner seien jedoch erst einmal „Zuhörer“: Man wolle herausfinden, zu welchen Zugeständnissen Kiew bereit sei. In Anspielung auf den Eklat im Oval Office Ende Februar fügte Rubio hinzu, das alles werde freilich hinter verschlossenen Türen besprochen, „nicht in den Medien und auf Pressekonferenzen“.

Die Ukraine formuliert ihre Bedingungen

Die Gespräche „haben große Hoffnungen geweckt, dass das ukrainische Volk sehr bald zu dem friedlichen Leben zurückkehren wird, dass es vor Beginn des Krieges im Jahr 2014 und vor der Eskalation seit 2022 genossen hat“, schrieb Jermak zuvor in einem Gastbeitrag für den britischen „Guardian“. Er glaube, dass dieses Ziel unter amerikanischer Führung zu erreichen sei. „Niemand wünscht sich mehr als unser Volk, dass der Krieg endet, aber es muss ein Frieden gefunden werden, der sowohl gerecht als auch nachhaltig ist.“ Einen Waffenstillstand werde man nicht allein durch diplomatische Gesten erreichen. Es bedürfe auch des politischen und finanziellen Drucks auf Russland, „um die Kosten eines erneuten Konflikts in die Höhe zu treiben“.

Dafür formulierte Jermak drei Bedingungen: Die Ukraine brauche Sicherheitsgarantien, die einem Waffenstillstandsabkommen Glaubwürdigkeit verliehen, Europa müsse die Sanktionen gegen Russland verschärfen und das eingefrorene russische Vermögen nutzen, um die Ukraine weiter zu unterstützen. Diese Bedingungen seien auch essentiell für die Sicherheit Europas.

„Die jahrzehntelange Aggression Moskaus gegen die Ukraine darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden“, warnte Jermak. Europa könne keinen Waffenstillstand zulassen, der nur dazu diene, Russland den Wiederaufbau seiner Streitkräfte zu ermöglichen, um abermals in die Ukraine einzufallen.“

Bereits am Montag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sich nach einem Gespräch mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zuversichtlich gezeigt. „Es war sehr wichtig, Worte des Vertrauens in die Zukunft der Ukraine zu hören“, schrieb Selenskyj auf Telegram. „Saudi-Arabien bietet eine sehr wichtige Plattform für Diplomatie, und das wissen wir zu schätzen.“ Seinen Angaben zufolge habe er mit bin Salman über mögliche Sicherheitsgarantien, die Freilassung aller Gefangenen sowie die Rückkehr ukrainischer Kinder aus Russland gesprochen.

Gibt Trump die Geheimdienstblockade auf?

Selenskyj hatte nach dem Zerwürfnis und dem Aussetzen der amerikanischen Ukrainehilfen Reue geäußert und die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen hervorgehoben. Doch dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump reicht das noch nicht. Wie amerikanische Medien berichteten, hob er vor dem Treffen in Dschidda hervor, allein ein Rohstoffabkommen werde nicht genug sei, um die amerikanischen Ukrainehilfen und den Austausch von Geheimdienstinformationen wieder aufzunehmen.

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Trump will Beweise dafür, dass Selenskyj es ernst meint, zum Beispiel indem dieser Gebietsabtritte an Russland akzeptiert. Zudem soll Trump weiter verlangen, dass Selenskyj früher oder später Neuwahlen festlegt oder zurücktritt.

Rubio sagte am Montag, in den Gesprächen solle es zunächst nicht um Details gehen. Man werde noch keine „Linien auf eine Karte zeichnen“, sondern ein „allgemeines Gefühl“ für die Lage bekommen. Trump selbst gab laut dem Sender ABC am Montagabend Anlass zur Hoffnung. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Geheimdienstblockade gegenüber Kiew bald aufgehoben werden könne, gab er demnach zurück, man sei „so gut wie“ bereit, das zu tun.

Trump ist aber dafür bekannt, dass seine Laune schnell umschlagen kann. Sein Vertrauter Elon Musk griff auf seiner Plattform X erst am Montag den demokratischen Senator Mark Kelly an, der in die Ukraine gereist war und danach auf X schrieb, „jedwedes Abkommen muss die ukrainische Sicherheit schützen und darf kein Geschenk an Putin sein“. Musk antwortete darauf: „Du bist ein Verräter.“ Nach Informationen der „New York Times“ sollte Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine und Russland, Steve Witkoff, in den nächsten Tagen nach Moskau reisen, möglicherweise, um der russischen Seite das Ergebnis der Gespräche mitzuteilen.

In einer neuen Umfrage hat sich eine Mehrheit der Ukrainer skeptisch gegenüber Vereinbarungen mit Russland gezeigt. 87 Prozent der Ukrainer glauben, dass Russland seine Angriffe über die bisher besetzten ukrainischen Gebiete hinaus fortsetzen werden, ergab eine Befragung des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KIIS). Zudem gaben zwei Drittel der Befragten an, dass Russlands Ziel die Zerstörung der Ukraine sei, 38 Prozent glauben, dass Moskau die komplette Eroberung der Ukraine anstrebe, um die Staatlichkeit und nationale Identität des Landes zu beseitigen. 28 Prozent gehen gar von einem Völkermord aus.

Sofia Dreisbach

Sofia DreisbachPolitische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Stefan Locke

Stefan LockePolitischer Korrespondent für Polen, die Ukraine und das Baltikum mit Sitz in Warschau.


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