Bei der Parlamentswahl auf Grönland gibt es einen überraschenden Wahlsieger: Stärkste Kraft wurde mit knapp 30 Prozent der Stimmen die liberale Demokraatit-Partei. Es ist ein historischer Erfolg für die Partei unter dem Vorsitzenden Jens-Frederik Nielsen. Die sozialliberale Partei befürwortet eine Unabhängigkeit von Dänemark, strebt diese jedoch nur langfristig an.
Zweitstärkste Kraft wurde mit 24,5 Prozent die Protestpartei Naleraq. Diese befürwortet eine schnelle Abstimmung über die Unabhängigkeit und eine rasche Annäherung an die USA. Die Partei Inuit Ataqatigiit von Ministerpräsident Múte B. Egede, die wie Demokraatit einen langsamen Gang in die Unabhängigkeit befürwortet, wurde mit 21,4 Prozent drittstärkste Kraft.
Egede bot bereits seine Bereitschaft zu Verhandlungen an. Erwartet wird eine Koalition der Mitte etwa von Demokraatit und Inuit Ataqatigiit, eventuell auch zusammen mit der Partei Attasut. Sie alle streben eine langsame Loslösung vom dänischen Königreich an. Von einer Annäherung dieser möglichen Koalition an die USA ist aber kaum auszugehen. Im grönländischen Parlament gibt es 31 Sitze, Demokraatit hat zehn davon gewonnen.
Trumps Signale: Gewalt oder Geschenke
Das Wahlergebnis kam überraschend, während des Wahlkampfs hatte es kaum Umfragen gegeben. Doch war von einem deutlich schwächeren Abschneiden der Protestpartei Naleraq ausgegangen worden, da es in den jüngsten Wochen eine stark amerikafeindliche Stimmung gegeben hatte. Der Wahlkampf wurde überschattet von der Diskussion um eine mögliche Zukunft Grönlands als Teil der USA. Der amerikanische Präsident Donald Trump will Grönland übernehmen, selbst militärische Gewalt gegen Dänemark schloss er dafür nicht aus. Noch kurz vor der Wahl hatte er sich in den Wahlkampf eingemischt und den Grönländern angeboten, sie als Amerikaner sehr reich zu machen.
Fünf der sechs zur Parlamentswahl angetretenen Parteien streben eine Unabhängigkeit von Dänemark an, doch will nur die Partei Naleraq diese rasch umsetzen. Diese befürwortete auch als einzige eine rasche Annäherung an die USA. Die meisten anderen Parteien, darunter der Wahlsieger Demokraatit, trachten danach, Grönland zunächst wirtschaftlich unabhängig von Kopenhagen zu machen. Die Insel ist bisher in hohem Maße abhängig von finanziellen Zuwendungen aus Dänemark.
Der Wahlsieger Nielsen kündigte noch in der Nacht auf Mittwoch an, seine Hand in Richtung aller weiteren Parteien auszustrecken, auch zur Partei Naleraq. Er sprach sich jedoch für einen „ruhigen Kurs“ gegenüber den USA aus und dafür, dass zunächst „ein Fundament“ geschaffen werden müsse, ehe man über eine Staatsgründung sprechen könne.