Ex-Barclays-Chef Jes Staley macht brisante Aussage

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Eigentlich wollte Jes Staley seinen Ruf wiederherstellen mit seiner Klage gegen die Londoner Finanzaufsicht FCA. Die Behörde hat ein Verbot gegen den geschassten ehemaligen Vorstandschef der Großbank Barclays verhängt, jemals wieder eine Führungsposition in der britischen Bankenbranche auszuüben. Grund dafür ist, dass Staley den Barclays-Verwaltungsrat nicht wahrheitsgemäß über seine Beziehung zum verurteilten Sexualstraftäter und Pädophilen Jeffrey Epstein informiert habe, der 2019 tot in seiner Untersuchungshaftzelle gefunden wurde. Deshalb wurde Staley 2021 abrupt entlassen – beziehungsweise er verkündete seinen Rücktritt. Barclays hatte – auf Staleys Versicherung vertrauend, 2019 behauptet, es habe „keine enge Beziehung“ zwischen den beiden Männern gegeben. Später fühlte die Bank sich getäuscht.

Der Prozess, den Staley nun gegen die FCA anstrengt, scheint aber für ihn eine fürchterlich schlechte Richtung zu laufen. In Kreuzverhören musste Staley Dinge zugeben, die er wohl gerne für sich behalten hätte. Am Mittwoch hat er gestanden, dass er Sex mit einer von Epsteins Mitarbeiterinnen hatte. In einem New Yorker Apartment, das Epsteins Bruder gehörte, habe er Geschlechtsverkehr mit der Frau gehabt. Wie das gekommen sei, fragte die FCA-Anwältin im Kreuzverhör. „Wenn ich zu Epsteins Apartment ging, war er oft spät, und ich und sie haben uns kennengelernt“. Dies habe zum sexuellen Kontakt geführt, „was mir heute sehr peinlich ist“, sagte der 68 Jahre alte verheiratete Familienvater vor Gericht in London. Britische Medien haben die Aussagen dankbar aufgegriffen.

Gegenüber Tochter nannte Staley Epstein „Onkel Jeffrey“

Staleys Beteuerung, dass er und Epstein sich „vor allem beruflich kannten“, wobei der berüchtigte New Yorker Finanzier auch ein Freund geworden sei, wirkt in dem Gerichtsverfahren zunehmend unglaubwürdig. Als „Onkel Jeffrey“ bezeichnete Staley Epstein gegenüber seiner Tochter. Er stritt aber vehement ab, dass Epstein der Tochter geholfen habe, einen Studienplatz an der Columbia-Universität zu bekommen.

In mehr als tausend Mails hatten der Banker und der Finanzier sich jahrelang vertraulich ausgetauscht. Staley sprach 2009 von „großem Spaß“, den sie gemeinsam hatten – zu dieser Zeit stand Epstein wegen Zwangsprostitution in Kalifornien unter Hausarrest. Die beiden scheinen auch kodierte Nachrichten verwendet zu haben. „Sag Hallo an Schneewittchen“, schrieb Staley 2010, worauf Epstein antwortete „Welche Figur willst Du als nächstes?“ – „Die Schöne und das Biest“, antwortete Staley. Er besuchte Epstein mehrmals auf seiner Insel in der Karibik, wo der Finanzier Sex-Partys mit Minderjährigen feierte.

Der Amerikaner Jes Staley war über Jahrzehnte einer der wichtigsten Banker an der Wall Street und in London gewesen. Er arbeitete 34 Jahre für die US-Investmentbank Morgan Stanley in führenden Positionen, wo er mit reichen Klienten, darunter Epstein zu tun hatte. 2015 wechselte er nach London an die Spitze von Barclays. Die FCA hat wegen der Untersuchung der Epstein-Beziehung noch ausstehende Boni von Barclays für ihn im Wert von 22 Millionen Pfund (25 Millionen Euro) eingefroren.