Sven Hannawald über den Betrug

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Nach dem Anzugbetrug der Norweger hat der Weltverband erste Konsequenzen gezogen. Skisprungikone Sven Hannawald befürwortet das – und hat Änderungsvorschläge.

Der zugegebene Betrug des norwegischen Teams durch verstärkte Nähte in Anzügen hat die Skisprungwelt erschüttert. Cheftrainer Magnus Brevig wurde suspendiert, ebenso wie sein Assistent Thomas Lobben und der Anzugschneider Adrian Livelten. Zudem hat der Weltverband (Fis) Marius Lindvik und Johann André Forfang suspendiert.

Am Donnerstag gab der Weltverband zudem bekannt, mit Robert Johansson, Kristoffer Eriksen Sundal und Robin Pedersen drei weitere Athleten suspendiert zu haben. Fis-Renndirektor Sandro Pertile erklärte über die nach dem Betrug kontrollierten Anzüge: “Wir haben etwas anderes gefunden, nicht das gleiche wie bei den Fällen zuvor.”

Die Entwicklungen beschäftigen auch die deutsche Skisprungikone Sven Hannawald. Im Interview mit t-online hat der Vierschanzentournee- und Olympiasieger über die Suspendierungen gesprochen – und auch über mögliche Änderungen zur Prävention solcher Geschehnisse.

t-online: Wie blicken Sie nun nach den Suspendierungen auf den Skandal?

Sven Hannawald: Mir geht es viel besser. Das ist zumindest schon mal ein Zeichen von der Fis. Auch für andere Springer, die am ‘Schummeln’ sind. Sie sind vielleicht wachsamer. Und die Zeit bis zum Saisonende sollte reichen, dass Lindvik, Forfang, Sundal, Johansson, Kristoffersen und Pedersen zum Nachdenken kommen. Die Krönung war für mich der Nordische Kombinierer Jørgen Graabak, der meint nicht gewusst zu haben, welche Bindung auf seinem Ski ist. Wir müssen so viel Grundvertrauen ins Material haben, wir fliegen durch die Luft. Da wollen mir die Athleten sagen, sie haben nichts davon gewusst? Das ist dann Verhöhnung und an Dreistigkeit nicht zu toppen.

Jørgen Graabak: Er ist vierfacher Olympiasieger.Vergrößern des Bildes
Jørgen Graabak ist vierfacher Olympiasieger. (Quelle: IMAGO/Terje Pedersen/imago-images-bilder)

Die Fis hat neben den Suspendierungen auch festgelegt, dass jeder Springer bis zum Saisonende nur noch einen Anzug nutzen darf.

Da muss man sehen, wie das gehandhabt wird. Es heißt, die Anzüge sind außerhalb des Wettkampfes unter Verschluss. Für mich war das Material als Springer immer das Heiligste. Ich hätte nicht das beste Vertrauen in Bezug darauf, was mit meinem Anzug irgendwo passiert. Ich bin gespannt, ob die Anzüge bis Planica zum Saisonabschluss halten.

Braucht es von der Fis weitere Schritte, als die bisher eingeleiteten?

Für mich ist die Suspendierung der norwegischen Athleten ein Zeichen dafür, dass offiziell betrogen wurde. Ansonsten würde die Fis die Springer nicht rausziehen. Wenn offiziell betrogen wurde, dann würde ich sofort alle WM-Medaillen annullieren. Dass es keine Beweise gibt, wird international ein Problem sein. Aber: Warum sollte ein Lindvik seinen Anzug, nachdem er auf der kleinen Schanze Weltmeister geworden ist, vor dem Wettbewerb auf der Großschanze noch einmal optimieren? Er war ja schon der Beste. Das ergibt keinen Sinn.

Wie genau meinen Sie das?

Wenn er Dritter oder Vierter auf der Normalschanze geworden wäre, würde der Gedanke, etwas zu verändern, eher einleuchten. So erschließt sich mir das nicht. Daher ist für mich da dringendster Tatverdacht, dass diese Anzüge schon länger so genutzt wurden. Ich hätte kein schlechtes Gewissen, direkt die Medaillen abzuerkennen.

Frühere norwegische Leistungsträger wie Daniel-André Tande und Anders Jacobsen haben erzählt, auch betrogen zu haben. Wie blicken Sie auf diese Aussagen?

Es enttäuscht mich. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie für ihre Springerkollegen Lindvik und Forfang etc. Partei ergreifen wollen, so aber den Betrug verharmlosen. Wenn sie auch betrogen haben, dann fehlt mir aktuell der Sinn für Humor, dass ich darüber lachen kann. Ich hatte Tande als guten Freund wahrgenommen, nehme jetzt aber auch von ihm und Jacobsen Abstand. Es ist einfach peinlich, wenn man solche Dinge noch in den Raum stellt.