Jobcenter geben zu viel für Verwaltung aus

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Das Bürgergeld, das nach Ankündigung des wahrscheinlich künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) radikal reformiert werden soll, hat einer Studie zufolge in mehrfacher Hinsicht Schwächen und Mängel. Von vielen für das Bürgergeld zuständigen Jobcentern werde anteilig zu viel Geld für das Verwalten ausgegeben statt für die Arbeitsförderung, heißt es in einer Analyse der Bertelsmann Stiftung.

Das Prinzip „Fordern und Fördern“ solle stärker in den Fokus rücken. Es brauche mehr Transparenz, das Sozialleistungssystem müsse insgesamt einfacher werden.

Empfänger sind Kinder, Auszubildende, Aufstocker und Arbeitslose

Rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland erhalten derzeit Leistungen aus dem Bürgergeld. Davon stehen etwa 2,7 Millionen Personen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie derzeit nicht erwerbsfähig sind, heißt es in der Studie. Darunter sind Menschen, die sich in einer Aus- oder Weiterbildung befinden, die Angehörige pflegen, aber auch viele Kinder.

Weitere rund 830.000 Empfänger dieser Sozialleistung sind demnach sogenannte Aufstockerinnen und Aufstocker – bei ihnen reicht das Erwerbseinkommen nicht zum Leben. Bei rund 1,9 Millionen Bürgergeld-Beziehenden handelt es sich laut Stiftung um Arbeitslose.

Das Bürgergeld hatte Anfang 2023 das Hartz-IV-System abgelöst. Auch die Union trug das sozialpolitische Prestigeprojekt der Ampel mit, nachdem sie in einem Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat Verschärfungen durchsetzen konnte. Es kam bei vielen aber bald in Verruf. „Wir werden das bisherige Bürgergeldsystem neu gestalten, hin zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende“, hatte Merz nach den Sondierungsgesprächen mit der SPD gesagt. „Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“

Verwaltung vereinnahmt bis zu 70 Prozent des Bürgergeld-Budgets

Zuständig für die Betreuung sind die Jobcenter, denen nach Angaben der Stiftung 2024 insgesamt rund 10,7 Milliarden Euro zu Verfügung standen. Ihnen sei überlassen ist, wie sie die zugewiesenen staatlichen Mittel zwischen Verwaltung und Arbeitsförderung aufteilten.

In den vergangenen Jahren seien die Kosten für die Verwaltung deutlich gestiegen, die Mittel zur Förderung von Leistungsbeziehern verharrten hingegen. „Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung“, kritisiert die Stiftung. Wie viele Menschen die Jobcenter am Ende in Arbeit bringen, spiele „eine untergeordnete Rolle“.

Nötig sei ein stärkerer Akzent auf das „Fördern und Fordern“ der Betroffenen, das sei auf beiden Seiten zu wenig. Viele arbeitslose Bürgergeldempfänger benötigten angesichts von oft mehreren Vermittlungshemmnissen eine stärkere individuelle Unterstützung. Besondere Jüngeren müsse man mehr Qualifizierung und Weiterbildung anbieten.

Seit der Einführung des Bürgergelds sei die Zahl erfolgreicher Integrationen in den Arbeitsmarkt um rund sechs Prozent gesunken, bemängelt die Analyse. Um hier besser zu werden, solle auch früher und konsequenter – aber „moderat“ – sanktioniert werden, wenn Bürgergeld-Beziehende Pflichten verletzten. Also Terminen versäumen oder Angebote ablehnten.

Ein weiteres Manko aktuell sei, dass derzeit mit steigendem Bruttoverdienst sowohl das Bürgergeld als auch Wohngeld und Kinderzuschlag abschmelzen. Am Ende bleibe nur wenig mehr Nettoeinkommen übrig – Mehrarbeit lohne sich oft nicht.