Erster Mensch weltweit überlebt mehr als 100 Tage mit Titan-Herz

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Stand: 17.03.2025 11:27 Uhr

Metall mit Rohren und Schläuchen: Mehr als 100 Tage hat ein Australier mit einem Titan-Herz überlebt – so lange wie kein Mensch zuvor. Inzwischen hat er ein Spenderherz bekommen. Was kann die neue Technik?

Jennifer Johnston

Erfunden hat das Herz der australische Wissenschaftler Daniel Timms aus ganz persönlichen Gründen – für ihn ein Herzensprojekt seit bereits 20 Jahren. “Es entstand aus meiner Doktorarbeit in Brisbane, vor vielen Jahren”, erzählt er. “Damals wurde bei meinem Vater eine Herzinsuffizienz diagnostiziert. Er war Klempner, also war es irgendwie logisch, dass ich einen gewissen Einblick in Pumpen hatte, und das Herz ist wahrscheinlich die schwierigste Pumpe, die man versuchen kann zu entwickeln.”

Das künstliche Herz, das er erfunden hat, sieht ein bisschen aus wie ein Bauteil aus einem Automotor. Es ist aus silbernem Titan mit Rohren und Schläuchen.

“Das ist wirklich unglaublich”

Weltweit bräuchten jährlich um die 23 Millionen Menschen ein neues Spenderherz, doch nur 6.000 erhielten eines, so das australische Gesundheitsministerium. Im St. Vincent-Krankenhaus in Sydney wurde das Kunstherz im vergangenen November einem Anfang 40-Jährigen eingesetzt. Er litt unter einem schweren Herzversagen im Endstadium und war dringend auf ein Spenderorgan angewiesen.

“Er hatte anfangs Schmerzen, aber er fühlte sich viel besser”, berichtet Chris Hayward 10 News First. Der Kardiologe hat den Mann auf der Intensivstation betreut. “Er war sehr, sehr dankbar für die Chance weiterzuleben.”

Die Operation dauerte sechs Stunden. Der Chirurg Paul Jansz hat die OP geleitet. “Das ist der große Wurf, das ist wirklich unglaublich”, sagt er. Es sei ein sehr einfaches Gerät: Man nähe es einfach an die Vorhöfe, und dann klicke man buchstäblich die Pumpe an. “Das ist so der Moment, in dem jeder den Atem anhält, und dann schaltet sie sich ein und funktioniert.” Dann entwöhne man den Patienten während der Operation langsam von der Herz-Lungen-Maschine, bis die Pumpe übernimmt, so Jansz.

Langlebiger Lebensretter

Ältere Modelle seien klobiger gewesen und hatten viele bewegliche Teile – insbesondere Ventile, die sich öffnen und schließen müssten. “Dieses Gerät hat nur ein bewegliches Teil, eine sich drehende Scheibe. Die eine Seite pumpt Richtung Lunge, die andere zum Körper”, erklärt Jansz. “Es gibt also keine Kontaktpunkte, keine Lager – nichts, was in diesem Gerät versagen könnte.” Da die rotierende Scheibe magnetisch in der Schwebe gehalten wird, gebe es keine Reibung und damit keine mechanische Abnutzung. Das macht das Kunstherz langlebiger als Vorgängermodelle.

Im vergangenen Jahr haben in den USA bereits fünf Patienten das sogenannte BiVACOR-Kunstherz eingesetzt bekommen. Doch niemand trug es so lange wie der Patient aus Australien – mehr als 100 Tage, sagt Erfinder Timms. Und dass er damit aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sei auch für sie eine Weltneuheit gewesen. “Er hat außerhalb des Krankenhauses wieder eine normales Leben geführt. Das gibt uns die unglaubliche Hoffnung, dass wir die Patienten in Zukunft nicht mehr für eine Transplantation zurückholen müssen, sondern dass sie das Gerät für den Rest ihres Lebens behalten können.”

Noch als Überbrückung gedacht

Kritiker sagen, bis dahin sei es noch ein weiter Weg. Die Funktionsdauer des Kunstherz liege mit mehr als 100 Tagen noch deutlich unter der eines Spenderherzens mit mehr als zehn Jahren.

Derzeit ist das Implantat noch als Überbrückung gedacht, um Patienten am Leben zu erhalten, bis eine Herztransplantation durch einen Spender möglich ist – wie bei dem Patienten aus Australien. Er hat inzwischen ebenfalls ein echtes Spenderherz bekommen. Doch das Ziel von Erfinder Timms ist es, dass das künstliche Gerät eines Tages zu einer dauerhaften Lösung wird.