Der größte europäische Wohnungskonzern Vonovia sieht sich am Beginn einer „neuen, sehr deutlichen Wachstumsphase“, wie der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch am Mittwoch zur Vorlage der Jahresbilanz sagte. Der Dax-Konzern hat in den vergangenen Jahren unter der Immobilienkrise gelitten und musste sein milliardenschweres Wohnungsportfolio deutlich abwerten, wodurch hohe Verluste entstanden sind.
Diese Krise sieht Vonovia nun als abgeschlossen an. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll bis 2028 um rund 30 Prozent zulegen und dann zwischen 3,2 und 3,5 Milliarden Euro erreichen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der operative Gewinn auf 2,6 Milliarden Euro zugelegt, was vor allem aus dem Kerngeschäft der Vermietung kam. Vonovia profitiert von der gleichbleibend hohen Nachfrage nach Wohnraum, einem niedrigen Leerstand und in der Folge steigenden Mieten. Im Geschäftsjahr 2024 sind sie um 4,1 Prozent gestiegen, was sich etwa hälftig auf Marktwachstum und Erhöhungen etwa nach energetischer Sanierung aufteilt. Gleichzeitig ist Vonovia mit seinen regulierten Mieten recht weit weg davon, was Menschen in Großstädten für Wohnungen ausgeben. Die Miete in Deutschland beträgt bei Vonovia im Durchschnitt 7,89 Euro je Quadratmeter.
540.000 Wohnungen gehören Vonovia
Das Unternehmen hat knapp 540.000 eigene Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich. „Wir spielen jetzt unsere Größenvorteile aus und gehen völlig neue Wege, um zu wachsen“, sagte Buch. Im Oktober 2021 hatte Vonovia den zweitgrößten Wohnungskonzern Deutsche Wohnen übernommen und damit sein Portfolio deutlich ausgebaut – war aber durch die Zinswende nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine schon kurz danach in den Krisenmodus gewechselt. Dann standen Verkäufe und die Reduzierung von Schulden im Fokus. Zuletzt hat Vonovia seinen Verschuldungsgrad (LTV) auf 45,8 Prozent senken können, was nur noch knapp oberhalb des Zielkorridors von 40 bis 45 Prozent liegt.
Seinen Bestand musste Vonovia allerdings auch im Jahr 2024 nochmals um 2,3 Prozent abwerten, wodurch unter dem Strich ein Verlust von 962 Millionen Euro verbucht wurde – nach mehr als 6 Milliarden Euro Verlust im Jahr davor. Die Wertentwicklung habe sich im zweiten Halbjahr aber deutlich stabilisiert, heißt es.
Jetzt sollen sich Skaleneffekte zeigen, etwa aufgrund niedriger Kosten in der Bewirtschaftung durch eigene Handwerkerleistungen. Zudem will Vonovia sein Geschäft mit Zusatzleistungen deutlich ausbauen, dazu gehören etwa Energie-Angebote rund um Wärmepumpen oder Photovoltaik. Impulse soll auch der Neubau bringen und bessere Preise für einzelne Verkäufe. Insgesamt profitiert das Unternehmen von mehreren Trends zur Urbanisierung, der andauernden Wohnungsnot und auch dem Klimawandel, der serielle Sanierungen und damit eine bessere Klimabilanz von Wohnungen notwendig macht. Mit der Größe des Portfolios kann Vonovia dort schneller Fortschritte machen und günstiger in Serie sanieren als kleinere Wohnungsgesellschaften.
Börsenkurs des Dax-Konzerns unter Druck
Für 2025 peilt Vonovia ein operatives Ergebnis zwischen 2,7 und 2,8 Milliarden Euro an, der bereinigte Vorsteuergewinn soll 1,75 bis 1,85 Milliarden Euro erreichen. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 1,22 Euro erhalten, nach 90 Cent im Vorjahr. An der Börse stand Vonovia am Mittwoch gleichwohl unter Druck, zeitweise lag der Kurs des Papiers knapp 2 Prozent im Minus. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die neuen Schuldenpläne der Bundesregierung auch die Immobilienwerte wieder besonders belasten könnten.
Der Immobiliensektor ist zinsempfindlich: Durch höhere Zinsen werden Investitionen in den Bestand teurer, genauso wie Zukäufe. Außerdem drohen abermals geringere Portfolio-Bewertungen. Zudem legen auch die Bauzinsen zu. Die Rahmenbedingungen könnten sich durch die politischen Investitionspläne verändern, sagte Buch. „Die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf Immobilienpreise und Finanzierungskosten sind jedoch noch unklar.“ Rückenwind erhofft sich Vonovia dagegen von den steigenden Investitionen in Klimaschutz, was den Bestand aufwerte und auch in der energetischen Sanierung helfe.
Gleichzeitig könne das Infrastrukturpaket auch Auswirkungen auf die Baupreise haben und eine erhöhte Nachfrage nach Handwerkern und Bauunternehmen weiter die Kosten treiben. Vonovia prüfe daher, besonders kapitalintensive Pläne zu Bauprojekten eventuell zu verzögern. Grundsätzlich will Vonovia seine Investitionen bis 2028 aber auf 2 Milliarden Euro verdoppeln.