Australien bezichtigt China staatlicher Hackerangriffe

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Die Cyberabwehr Canberras warnt vor vermehrten Attacken auf australische Netzwerke. Dahinter stecke Chinas Regierung. Der Vorwurf kommt zu einem politisch heiklen Moment.

Vor drei Wochen erst wurde Chinas Ministerpräsident Li Qiang in Perth verabschiedet, nun ist das chinesisch-australische Verhältnis schon wieder getrübt.

Vor drei Wochen erst wurde Chinas Ministerpräsident Li Qiang in Perth verabschiedet, nun ist das chinesisch-australische Verhältnis schon wieder getrübt.

Richard Wainwright / Imago

Eine Gruppe von Hackern namens APT40 bedrohe im Auftrag der chinesischen Regierung australische Netzwerke, schreibt das Australian Signals Directorate, das für die staatliche Cyberabwehr zuständig ist. Konkret nennt Canberra das chinesische Ministerium für Staatssicherheit als Auftraggeber.

Dass die australische Regierung China öffentlich wegen Cyberattacken kritisiert, ist ungewöhnlich. Verstärkt wird der Vorwurf dadurch, dass die Warnung mitgetragen wird von den zuständigen Behörden in sieben weiteren Ländern, darunter die USA und Deutschland. Die vom chinesischen Staat gesponserte Hackergruppe habe Organisationen in verschiedenen Ländern angegriffen, heisst es in dem Bericht. Die Bedrohung sei global.

Australien versucht Beziehungen zu China zu normalisieren

Die australische Regierung spreche solche Warnungen nicht leichtfertig aus, sagt Malcolm Davis vom Australian Strategic Policy Institute (Aspi), einer Denkfabrik, die dem Verteidigungsministerium nahesteht. «Das Ziel der Warnung ist einerseits Abschreckung – obwohl wir wissen, dass China kaum von Cyberattacken ablässt», sagt Davis. «Andererseits soll die Warnung Unternehmen und Organisationen daran erinnern, sich gegen Angriffe zu schützen. So kann wenigstens der potenzielle Schaden reduziert werden.»

Der öffentlich vorgetragene Vorwurf an China kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren versucht die Labor-Regierung des Premierministers Anthony Albanese, die Beziehungen zu Peking zu normalisieren. Unter seinem Vorgänger Scott Morrison waren sie äusserst angespannt; Peking hatte eine breite Palette australischer Produkte mit Strafzöllen oder Importverboten belegt. Als Zeichen der Annäherung weilte erst im Juni der chinesische Ministerpräsident Li Qiang, die Nummer zwei in der Pekinger Machthierarchie, zu einem viertägigen Besuch in Australien.

Für Davis zeigt die Warnung vor chinesischen Cyberattacken, die seit über zehn Jahren regelmässig vorkämen, dass es Grenzen gibt in der Normalisierung der Beziehungen: «Es gibt Bereiche, in denen wir gemeinsame Interessen haben und zusammenarbeiten können, so beim Handel. Doch staatliches Hacking ist ein aggressiver Akt, und so ist es richtig, dass die Regierung dies anprangert.» China verhalte sich nicht wie ein Partner oder ein verantwortungsvoller Staat. Das zeige auch sein unnachgiebiges Verhalten im Südchinesischen Meer oder gegenüber Taiwan.

Die Veröffentlichung der Anschuldigungen gegen APT40 liege trotz der Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zu China im nationalen Interesse, sagte die australische Aussenministerin Penny Wong laut der «Financial Times». Die Regierung habe immer darauf bestanden, dass sie mit China zusammenarbeiten wolle, ohne aber Kompromisse in Bereichen einzugehen, die für Australien wichtig seien.

China sieht die USA als Bedrohung für die globale Cybersicherheit

Auf die australische Warnung angesprochen, sagte ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums in Peking: «Wir sind entschieden gegen solche wiederholten Hypes über sogenannte ‹chinesische Cyberangriffe›, die darauf abzielen, China in Sachen Cybersicherheit zu verleumden und in ein schlechtes Licht zu rücken.»

Für den Bericht verantwortlich machte er aber nicht die australische, sondern die amerikanische Regierung. Die USA stünden hinter einer globalen Desinformationskampagne und seien die grösste Bedrohung für die globale Cybersicherheit.

Immer wieder warnen westliche Länder vor staatlich gesponserten chinesischen Hackern. Im März erhob das amerikanische Justizministerium Anklage gegen sieben Mitglieder von APT31, einer anderen Hackergruppe, die im Auftrag der chinesischen Staatssicherheit arbeiten soll. Britische Behörden beschuldigten chinesische Hacker der Cyberattacken gegen die britische Wahlbehörde und verschiedene Parlamentarier.

Chinas Hackerangriffe gegen westliche Länder reihten sich ein in die grossen geopolitischen Differenzen, sagt Davis: «Chinas Verhalten im Südchinesischen Meer, gegenüber Taiwan oder seine Unterstützung für den russischen Krieg in der Ukraine verhindern, dass Australien und China eine wirkliche Partnerschaft aufbauen können. Doch dafür ist allein Peking verantwortlich.»