Astronauten nach ungeplant langem Weltraumaufenthalt zurück auf der Erde

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Schließlich kamen auch noch Delphine. Eine ganze Schule der Meeressäuger umschwamm die angesengte Weltraumkapsel „Freedom“, als sie, von der Abendsonne beschienen, im spiegelglatten Wasser vor der Westküste Floridas trieb und Mitarbeiter der Firma Space X ihre Kapsel vom Typ „Crew Dragon“ für die Bergung durch das nahende Spezialschiff „Megan“ vorbereiteten. Nur eine halbe Stunde zuvor hatte das Gefährt von der Form eines Pistolenprojektils an seinen Landefallschirmen auf der Meeresoberfläche aufgesetzt, um kurz vor 18 Uhr Ortszeit, kurz vor 23 Uhr in Deutschland.

Das Einzige, was nicht auf Anhieb klappte, war das richtige Positionieren der „Dragon“-Kapsel in der vorgesehenen Vertiefung an Bord der „Megan“ – der Kran musste das Absenken wiederholen, bis die Orientierung der seitlichen Aus- und Einstiegsluke stimmte.

Ärger mit der Boeing-Kapsel

Ansonsten aber war es eine Bilderbuchlandung für die vier Insassen, die ihr Weltraumgefährt 17 Stunden zuvor von der Internationalen Weltraumstation ISS abgekoppelt hatten: den NASA-Astronauten und Space-Force-Oberst Nick Hague, den jungen russischen Kosmonauten Alexander Gorbunow sowie Sunita „Suni“ Williams und Barry „Butch“ Wilmore, die beiden NASA-Astronauten, deretwegen diese Landung sich eines besonderen Interesses nicht nur des raumfahrttechnisch interessierten Teils der Öffentlichkeit sicher sein konnte.

Denn bei Butch und Suni, wie auch NASA-Manager sie meist nur nennen, handelte es sich um jene beiden Astronauten, die Anfang Juni vergangenen Jahres die Kapsel eines anderen Herstellers, den „Starliner“ der Firma Boeing, als Testpiloten zur ISS geflogen hatten und dort eigentlich nur acht Tage bleiben sollen. Doch dann konnten Unregelmäßigkeiten an fünf der 28 Manövriertriebwerke des „Starliner“ nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden. Der NASA erschien es daraufhin zu riskant, die Boeing-Kapsel mit Menschen an Bord zur Erde zurückkehren zu lassen. Butch und Suni blieben im All, mehr als neun Monate lang.

Die „Boeing Crew Flight Test“-Astronauten Barry „Butch“ Wilmore (l.) und Sunita „Suni“ Williams im Harmony-Modul der Internationalen Raumstation (ISS)
Die „Boeing Crew Flight Test“-Astronauten Barry „Butch“ Wilmore (l.) und Sunita „Suni“ Williams im Harmony-Modul der Internationalen Raumstation (ISS)dpa

Um die beiden ohne den inzwischen unbemannt abgekoppelten und wieder zur Erde gebrachten „Starliner“ zurückzuholen, war die Mission „Crew-9“ im September nur mit zwei von vier zunächst vorgesehenen Besatzungsmitgliedern gestartet, nämlich Hague und Gorbunow. Diese beiden wurden unlängst von der nun wieder vierköpfigen „Crew-10“ abgelöst und haben Butch Wilmore und Suni Williams mitgenommen. Dass Letztere von der Crew des Bergungsschiffs erst an dritter und vierter Stelle aus der Raumkapsel gehoben wurden, hatte indes keine dramaturgischen Gründe, sondern war einfach ihren Sitzpositionen in der Kapsel geschuldet.

Die beiden machten dabei fröhliche Gesichter, wie eigentlich immer, wenn sie während ihres unfreiwillig verlängerten Aufenthaltes auf der ISS vor Kameras standen. Was daran Pose und Disziplin war – beide sind Offiziere der U.S. Navy im Kapitänsrang – werden sie nun wohl noch eine Weile weiter durchhalten müssen.

Von Trump instrumentalisiert

Denn ihr Schicksal ist nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl im November zu einem Politikum geworden. Donald Trump und der zu seinem Vertrauten avancierte Elon Musk, zu dessen Firmenimperium Space X gehört, hatten in letzter Zeit behauptet, die Biden-Administration hätte eine frühere Rückkehr der beiden „Starliner“-Piloten mit einer Space-X-Kapsel verhindert. Denn eine solche „Rettung“ hätte zu Wahlkampfzeiten ein positives Licht auf Space X, mithin auf Musk und damit auf Trump geworfen.

Trump ist offenbar immer noch daran gelegen, die beiden Astronauten zu instrumentalisieren. „Versprechen gegeben, Versprechen gehalten: Präsident Trump hat gelobt, die Astronauten zu retten, die neun Monate im Weltraum gestrandet waren“, postete das Weiße Haus eine gute Stunde nach der Wasserung der Kapsel auf der Plattform X. Diese Aussage ist zum einen Teil irreführend, zum anderen die Unwahrheit.

Irreführend ist das Wort „gestrandet“, auch wenn es seiner Prägnanz wegen auch von Medien verwendet wurde, die einer Sympathie für den amtierenden amerikanischen Präsidenten unverdächtig sind. Der Betrieb der ISS ist so organisiert, dass für jedes Besatzungsmitglied zu jeder Zeit eine Rückkehrmöglichkeit besteht für den Fall, dass die Station evakuiert werden muss.

Selbst wenn Space X der NASA den zusätzlichen Start einer eigener „Dragon“-Kapsel zur Rückholung von Wilmore und Williams angeboten hat, wäre das mit erheblichen Mehrkosten zulasten des NASA-Budgets verbunden gewesen. Stattdessen wurden die beiden „Starliner“-Piloten in die Mannschaft der ISS integriert. Beide waren schon jeweils zweimal auf der Raumstation gewesen. Sunita Williams ist mit 608 Tagen im All eine der erfahrensten Mitglieder des amerikanischen Astronautencorps und hat unter anderem neun Außenbordeinsätze absolviert. Im September hatte sie routinemäßig das Kommando über die ISS übernommen.

Elon Musk ist an der glücklichen Heimkehr der beiden nur insofern beteiligt, als sein Unternehmen momentan in Amerika das einzige ist, das in der Lage ist, Menschen sicher ins All und wieder zurückzutransportieren. Donald Trump aber hat keinen Anteil daran. Die Rückkehr der beiden „Starliner“-Piloten mit der „Crew-9“ stand lange fest, bevor er wieder Präsident wurde. Sie war lediglich um einen Monat verzögert worden, da es Probleme mit dem darauffolgenden bemannten Start mit einer anderen „Dragon“-Kapsel gegeben hatte. Trump hatte hier kein Versprechen geben und folglich auch keines halten können.