Baerbock eröffnet Botschaft in Damaskus

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13 Jahre ist es her, dass Deutschland seine Botschaft in Damaskus geschlossen hat, da tobte der Bürgerkrieg gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Jetzt, gut drei Monate nachdem Assad doch noch gestürzt worden und aus dem Land geflüchtet ist, hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die deutsche Botschaft in der syrischen Hauptstadt wiedereröffnet. Auch wenn es zumindest räumlich zunächst ein Provisorium bleibt, soll sich damit doch auch ein Zeichen der Hoffnung verbinden – und eine Mahnung an die neuen Machthaber, dass man weiter genau verfolgt, wie es mit dem Umbruch weitergeht. Schließlich musste man auch Rückschläge registrieren.

Es ist der zweite Besuch von Baerbock in Damaskus, seit die Islamisten unter Führung der HTS die Macht übernommen haben. Ihr erster Besuch hatte in Damaskus auch Irritationen hervorgerufen. Funktionäre der neuen islamistischen Führung hatten sich in Gesprächen in den Tagen danach verwundert darüber gezeigt, dass es in Deutschland Wellen geschlagen hatte, dass Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa Baerbock zur Begrüßung nicht die Hand gegeben hatte. Unter konservativen Muslimen ist es üblich, dass es zwischen Frauen und Männern keinen Handschlag gibt.

Auch als die beiden sich am Donnerstag wiedertreffen und Scharaa sie im Präsidentenpalast in Empfang nimmt, gibt er Baerbock nicht die Hand. Außerdem waren die Forderungen der Ministerin nach dem Schutz von Minderheiten und Frauenrechten – die Baerbock öffentlich als auch beim Treffen mit Scharaa betonte – als oberlehrerhaft wahrgenommen worden. Von Diplomaten anderer Länder hieß es seinerzeit, es habe eigentlich andere, wichtigere Dinge zu besprechen gegeben, etwa Sicherheitsfragen.

Baerbock appelliert an die neue Regierung

Sicherheitsfragen sind auch in diesen Tagen wichtig. Baerbock hatte vor ihrem Abflug an die Verantwortung der neuen Regierung appelliert. Für Frieden zu sorgen, Keimzellen von Extremismus und Terrorismus weiter zu bekämpfen und den politischen Übergang entschieden voranzutreiben seien die „Mammutaufgaben, vor denen die syrische Übergangsregierung steht“, sagte sie. Baerbock verurteilte die „gezielte Tötung von Zivilisten“ bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern des gestürzten Machthabers Assad im Westen des Landes. Mehr als 1000 Zivilisten sollen laut Menschenrechtsorganisationen bei den Gefechten getötet worden sein, die meisten waren Alawiten.

Baerbock bekräftigte aber auch wie bei ihrem ersten Besuch die Bereitschaft Deutschlands und Europas, beim Wiederaufbau Syriens zu helfen. Sie verwies auf die 300 Millionen Euro für humanitäre Hilfe, die Deutschland gerade bei der Brüsseler Syrien-Konferenz angekündigt hatte. Und ebenso auf die schrittweise Lockerung von Sanktionen der EU. Aus Sicht der Machthaber in Damaskus ist der Wiederaufbau entscheidend: sowohl von Wohnraum, der Infrastruktur als auch der am Boden liegenden Wirtschaft.

Damit verbunden ist die Forderung nach einer Aufhebung der westlichen Sanktionen – auch den bislang nur ausgesetzten amerikanischen Sanktionen. Die Aussetzung hatte die Biden-Regierung beschlossen, noch ist nicht klar, wie die Trump-Regierung damit verfährt. Außerdem muss die neue syrische Führung grundlegende staatliche Dienstleistungen wie die Stromversorgung ins Werk setzen.

Deutschland habe „überragendes Interesse“ an stabilem Syrien

Nicht von ungefähr kommt bei Treffen zwischen Vertretern der Bundesregierung und der Scharaa-Regierung immer wieder das Kraftwerk von Deir Ali zur Sprache, das mithilfe des Siemens-Konzerns wieder in Betrieb genommen werden soll. Auch bei dem Gespräch mit Baerbock am Donnerstag geht es wieder um die Wirtschaft und die Energieversorgung, gut zwei Stunden sitzen sie zusammen. Aus der deutschen Delegation hört man später, dass Scharaa alle Punkte anzusprechen und darzulegen verstehe, die den Gästen wichtig seien.

Bereits in den vergangenen Wochen waren deutsche Diplomaten fast durchgängig in Damaskus – und auch schon bei dem Kraftwerk. Eine niedrige einstellige Zahl von ihnen soll nun an der Stabilisierung mitwirken. Deutschland habe ein „überragendes Interesse“ an einem stabilen Syrien, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Mit der Präsenz vor Ort könne man wichtige diplomatische Kontakte aufbauen und so unter anderem auf einen „inklusiven politischen Transitionsprozess drängen“, der die Interessen aller Bevölkerungsgruppen berücksichtige. Man könne so direkt auf Fehlentwicklungen reagieren. Die Diplomaten werden zunächst aber nicht aus dem einstigen Gebäude der deutschen Botschaft arbeiten, das nach den vielen Jahren seit der Schließung noch sanierungsbedürftig ist.

Dass aber nicht nur der Westen ein Interesse an einer Zusammenarbeit mit den syrischen Machthabern hat, zeigte sich an einer Meldung aus Russland. Präsident Wladimir Putin habe Scharaa eine Zusammenarbeit zur Stabilisierung der Lage im Land angeboten, um die traditionell freundschaftlichen russisch-syrischen Beziehungen zu stärken, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Assad war nach seinem Sturz nach Russland geflüchtet.