Frankreich plant Anlageprodukt für Bürger

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Franzosen sollen sich durch die Einzahlung in einen neuen Fonds künftig an der Finanzierung der Rüstungsindustrie beteiligen können. Aufgelegt werden soll er von der staatlichen französischen Förderbank Bpifrance. Finanz- und Wirtschaftsminister Eric Lombard sprach am Donnerstag von der Schaffung eines Anlageprodukts, mit dem man 450 Millionen Euro an Ersparnissen mobilisieren wolle. Der Mindestbetrag betrage 500 Euro und der Höchstbetrag „einige Tausend Euro“. Der Zinssatz ist noch unklar.

Das eingezahlte Ka­pital soll mindestens fünf Jahre lang ge­bunden sein. Das unterschiede das neue Produkt von Frankreichs beliebtester Geldanlage, dem Livret A. Bei diesem ist das zu einem staatlich vorgegebenen Satz steuerfrei verzinste Kapital – aktuell 2,4 Prozent – jederzeit abrufbar. Die mehr als 440 Milliarden Euro auf den Livret A-Konten dienen unter anderem der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus; frühere Erwägungen, sie auch für Rüstung zu verwenden, waren politisch nicht konsensfähig.

„Wir werden auf Dauer unsere Anstrengungen zur nationalen Verteidigung erhöhen müssen“, stellte Lombard im Fernsehsender TF1 klar. Er betonte die Freiwilligkeit und sprach von einer „Möglichkeit, die Zukunft vorzubereiten“ für diejenigen, die Ersparnisse haben, ehe er zusammen mit Verteidigungs­minister Sébastien Lecornu am Donnerstag Vertreter aus Industrie, Banken, Versicherungen und Fonds zu einem Dialog über die Rüstungsfinanzierung empfing.

Auf Regierungsseite beziffert man den Kapitalbedarf des französischen Ver­teidigungssektors auf rund fünf Milliarden Euro. Das sei nötig, um Produktionslinien wie geplant auszubauen. Weil das neue Anlageprodukt nur einen kleinen Teil des Kapitalbedarfs decken dürfte, forderte Lombard von der Finanzwelt weitere Angebote. „Ich denke dabei insbesondere an Lebensversicherungsverträge, Rentensparpläne, Aktiensparpläne und Arbeitnehmersparpläne, die alle von einem günstigen steuerlichen Rahmen profitieren“, erklärte er.

Großer Hemm­schuh

Frankreichs Verteidigungssektor zählt rund 4500 Unternehmen unterschiedlichster Größen, von Großkonzernen wie Airbus , Safran und Thales bis zu Zulie­ferern mit einer Handvoll Mitarbeiter. Wie in Deutschland litt er in der jüngeren Vergangenheit unter rückläufigen Staatsaufträgen und Finanzierungserschwernissen wegen neuer Nachhaltigkeitsvorgaben (ESG).

Nach wie vor gilt die Unter­kapitalisierung vor allem kleiner und mitt­lerer Rüstungsbetriebe als großer Hemm­schuh für die Aufrüstung, die Frankreich ähnlich wie in Deutschland nun noch einmal forcieren will. Aktuell belaufen sich die jährlichen Verteidigungsausgaben auf 2,1 Prozent der Wirtschaftsleistung oder 50,5 Milliarden Euro. Der mehrjährige Finanzrahmen, den das französische Parlament 2023 verabschiedet hat, sieht einen Anstieg der jährlichen Rüstungsausgaben auf 68 Milliarden Euro im Jahr 2030 vor.

Verteidigungsminister Lecornu hat unlängst angekündigt, dass eher 90 Milli­arden Euro das „angemessene Fitness­gewicht“ für die Streitkräfte darstellten. Unter anderem brauche es mindestens drei zusätzliche Fregatten und rund 30 zusätzliche Rafale-Kampfjets.

Die Finanzierung dieser Mehrausgaben bleibt jedoch offen, und der Spielraum der amtierenden Minderheitsregierung limitiert. Möglichkeiten, wie Deutschland Hunderte Milliarden Euro an Mehrausgaben lockerzumachen, hat der hoch verschuldete französische Staat nicht, und Steuerer­höhungen zur Finanzierung höherer Rüstungsausgaben schloss Präsident Emmanuel Macron Anfang März aus.