Habe Kredit in Anspruch genommen

3

Es sind bewegte Zeiten. In den Vereinigten Staaten stellt Donald Trump die transatlantische Partnerschaft in Frage, in Europa tobt Krieg, in Deutschland herrscht Innovationsstau und Desillusionierung. Stellt sich die Frage: Was hat Friedrich Merz mit dem Land vor – und dem Geld, das er durch das schwarz-rote Schuldenpaket zur Verfügung haben wird?

Antworten darauf hat am Freitag der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler vor Hunderten Lesern und den vier F.A.Z.-Herausgebern im Frankfurter Kongresszentrum „Kap Europa“ gegeben. Und um es gleich vorwegzusagen: Mit Geld allein sei es nicht getan – weder innen- noch außenpolitisch.

Großer Andrang auf dem F.A.Z.-Leserkongress „Zukunft gestalten“ in Frankfurt
Großer Andrang auf dem F.A.Z.-Leserkongress „Zukunft gestalten“ in FrankfurtLucas Bäuml

Das ließen sie auch nicht, gab Merz zu. Sie seien auch nicht ganz aus der Luft gegriffen. Doch man habe schnell handeln müssen – und habe das auch legal mit dem alten Bundestag getan. Nun müsse man liefern. Aber: „Ich weiß, dass ich jetzt einen sehr hohen Kredit in Anspruch genommen habe, auch was meine persönliche Glaubwürdigkeit betrifft.“

Merz fordert Mentalitätswandel

Gleichwohl ist es damit nicht getan. „Wir können nicht alle Probleme mit Geld lösen“, sagte Merz mit Blick auf Wehrfähigkeit und Infrastruktur. Man werde sehr vorsichtig damit umgehen müssen. „Wir brauchen eine komplett andere Bundeswehr und nur dafür darf das Geld ausgegeben werden.“ Ändern müsse sich unter anderem auch die Methodik der Beschaffung und das Planungswesen.

Doch vielleicht noch vielmehr geht es um etwas anderes, wie im weiteren Gespräch deutlich wurde. Es geht auch um einen Mentalitätswandel. „Wir haben uns daran gewöhnt, Bedrohungsszenarien letztendlich zu ignorieren“, sagte Merz. Doch faktisch erlebe Deutschland derzeit tägliche Angriffe, etwa auf Daten- und Informationsnetze, täglich gebe es Desinformationskampagnen.

DSGVO Platzhalter

Daher greift die Diskussion über die Wehrpflicht für Merz zu kurz – auch wenn er persönlich weiterhin für eine allgemeine Dienstpflicht sei. Es gehe jedoch nicht nur um Bundeswehr und Soldaten, sondern auch um Zivil- und Bevölkerungsschutz, um „Blaulichtorganisationen“, Cybersicherheit und nachrichtendienstliche Expertise. „Deutschland braucht eine offene und ehrliche Diskussion mit unserer Bevölkerung über die tatsächliche Bedrohung“, sagte Merz. Diese Diskussion sei eine der „wichtigsten politischen Führungsaufgaben der nächsten Jahre“.

Migration ist ein Schicksalsthema für Merz

Als weiteres Großthema in den kommenden Jahren betrachtet Merz die Migration. Deutschland brauche eine sehr viel härtere Migrationspolitik – und das umfasst auch Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Merz berichtete von einem Gespräch mit dem französischen Präsident Emmanuel Macron. Man sei sich einig gewesen, dass man gemeinsam den Weg zu einer Verschärfung gehen müsse.

„Ich mache mir gar keine Illusionen“, sagte Merz. „Wenn wir dieses Problem in dieser Koalition nicht lösen, dann haben wir 2029 spätestens – möglicherweise früher – nicht den nächsten normalen Regierungswechsel, dann haben wir den Rechtspopulisten in diesem Land den roten Teppich ausgerollt.“