Der Klimawandel wirkt für manche Menschen wenig greifbar. Das will das Klimahaus in Bremerhaven ändern: Bei einer neuen Ausstellung werden Wetterextreme wie Hitze, Starkregen und Wirbelstürme spürbar.
Extremes Wetter kann ganz schön laut sein. So laut, dass man sich fast die Ohren zuhalten muss. Starkregen, der laut auf Dächer und Böden prasselt zum Beispiel. Oder ein tropischer Wirbelsturm, der mit bis zu 300 km/h über das Land hinwegsaust. Ein Waldbrand, bei dem es kracht und knirscht – begünstigt durch eine langanhaltende Trockenheit.
Besucher des Klimahauses in Bremerhaven können solche Szenarien in der neuen Dauerausstellung hautnah erleben. “Wir wollten ein Erlebnis schaffen, das jeden anspricht und uns als Menschen mobilisiert, aktiv zu werden”, so Projektleiterin Astrid Dressel. Ziel sei es, das Bewusstsein für den Klimawandel zu fördern.
Aufklärung für Groß und Klein: Unter anderem mit Nebel und Rauch werden zum Beispiel Waldbrände den Besuchern näher gebracht.
Wind, Rauch und Hitze
Im Zentrum der knapp 1.500 Quadratmeter großen Ausstellung steht eine bewegliche Plattform mit 40 Sitzen, die über drei Etagen und eine Höhe von acht Metern an Leinwänden vorbeifährt. Auf diese Leinwände werden Extremwetter-Szenarien projiziert.
Windmaschinen lassen es über den Köpfen der Besucher stürmen. Nebelmaschinen erzeugen Rauch und imitieren Waldbrände. Bühnenelemente, die wie Baumstämme aussehen, fallen übereinander. Es ist eine Mischung aus 4D-Kino und Fahrgeschäft, in dem es nass, heiß und laut wird. Die Besucher sollen die Kraft der Natur begreifen und ihre Rolle in Bezug auf den menschengemachten Klimawandel hinterfragen.
In einer Mischung von Video, Bewegung, Sound, Spezialeffekten und Bühnenelementen werden die Extremwetter in 360 Grad inszeniert.
Denn Starkregen, Stürme und Hitzewellen werden auch hierzulande aufgrund des Klimawandels zunehmen – zu dem Ergebnis kommt der Deutsche Wetterdienst, der auch Partner der Ausstellung ist.
Dennoch könnten Besucher Wetterextreme nur aus den Nachrichten oder den Wetterberichten kennen. Hier knüpft die Ausstellung mit einem eigenen TV-Studio an, in dem man als Besucher in die Rolle eines Meteorologen schlüpfen kann. Dieser Teil zeigt, wie Wettervorhersagen entstehen und wie komplex die dazu notwendigen Daten sind.
Aufwendiges und teures Projekt
Ursprünglich sollte die Dauerausstellung bereits im Spätsommer vergangenen Jahres eröffnen. Aufgrund technischer Probleme verzögerte sich der Ausstellungsstart und musste mehrfach verschoben werden. “Das ist hier wirklich ein Prototyp, und leider konnten wir nicht richtig vorhersehen, welche Probleme auf uns zukommen”, erklärt die Geschäftsführerin des Klimahauses, Ingrid Hayen. “Das betraf vor allem die Abstimmung der Programmierung und der Brandmeldeanlage.”
Der technische und bauliche Aufwand für die neue Dauerausstellung war groß. So wurden im 2009 eröffneten Klimahaus unter anderem drei Treppenhäuser abgerissen, drei Etagen durchbrochen und rund 50 Kilometer Kabel verlegt. Die Bauzeit betrug gut zwei Jahre. Die Kosten für Bau und Planung belaufen sich auf 14,6 Millionen Euro. Das Land Bremen hat die Ausstellung mit elf Millionen Euro unterstützt, den Rest trägt die Stadt Bremerhaven.
Eine Frau steht vor einer interaktiven Weltkarte: Die Ausstellung berichtet auch von vergangenen Extremwettereignissen und wie Menschen sich in Zukunft davor besser schützen können.
Was der Klimawandel mit den Wetterextremen zu tun hat
Wie Wetterextreme durch den Klimawandel zunehmen werden, wird in der Ausstellung anhand von Luftmolekülen deutlich. “Wir zeigen, wie sich die Erwärmung auf das Wetter auswirkt. Das ist eigentlich ein ganz einfaches Phänomen in der Physik”, erklärt Susanne Nawrath, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Bildung im Klimahaus. Warme Luft könne mehr Feuchtigkeit aufnehmen. “Dadurch wird es dort, wo es trocken ist, noch trockener, weil mehr Feuchtigkeit verdunstet. Und da, wo es feucht ist, regnet es dann auch stärker, weil die Luft mehr Wasser enthält.”
Das bedeutet mehr Dürren auf der einen Seite, und mehr Überflutungen auf der anderen Seite. “Extremwetterereignisse treten heute gehäuft auf und nicht mehr wie früher als Einzelphänomen und Jahrhundertereignis”, so Nawrath weiter.
Zeitzeugen schildern ihr Überleben
Wie das ist, ein Extremwetterereignis überlebt zu haben, erzählen Zeitzeugen per Videobotschaft nach der Fahrt am Ende der Ausstellung. Hier kommt zum Beispiel ein Polizeitaucher zu Wort, der während der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 im Dienst war, bei der mindestens 135 Menschen starben.
“Wir möchten, dass die Besucher, die hier rausgehen, sich wirklich Gedanken darüber machen”, sagt Geschäftsführerin Hayen. “Was können wir selbst ändern? Wie können wir unser Verhalten ändern? Und vor allen Dingen: Was können wir tun, um uns an die Situation anzupassen?” Fragen, auf die die neue Dauerausstellung in Bremerhaven spürbare Antworten liefern soll.