„Gesundheitsmythen“: Sind Küchenbretter Keimschleudern?

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Es ist eine Glaubensfrage in der Küche: Was ist besser, Schneidebretter aus Holz oder Plastik? Genauergefragt: Welches bereitet weniger Bauchschmerzen?

Mitunter wird einem mulmig, während man Knoblauch hackt, Lachs filetiert und Äpfel schnippelt und das alles auf demselben Küchenbrett, das mehr Furchen hat als das Gesicht von Donald Trump und das zunehmend nach Kompost duftet.

Holz-Anhänger meinen: Plastikbretter sind umweltschädlich und verbreiten Mikroplastik! Holz ist ein Naturstoff und Ästhetik zählt nun mal auch, während man einem Suppenhuhn die Analdrüse entfernt: Holzbretter sind einfach schicker. Plastik-Fans sind eher pragmatischere Typen. Hauptsache, das Brett darf in die Spülmaschine.

50 Gramm Mikroplastik im Jahr – vom Schneidebrett

Wer hat also recht? Tatsächlich haben manche Holzarten natürliche antimikrobielle Eigenschaften. Auf Buche siedeln sich zum Beispiel weniger Darmbakterien an. Doch ihr Manko ist, dass sie nicht heiß gereinigt werden können.

Plastikbretter hingegen befördern Mikroplastik ins Essen. Je älter das Brett, desto mehr Mikroplastik landet im Körper, im Jahr bis zu 50 Gramm pro Haushaltsbewohner, wie amerikanische Forscher auf Basis exzessiven Möhrenschneiden berechnet haben.

Bakterien siedeln sich auf den Brettern vor allem in den Rillen an, die durchs Schneiden entstehen. In den Furchen bilden sich Biofilme. Je älter das Brett, desto mehr Bakterien.

Holzbretter übertragen mehr Keime

Forscher aus Sao Paulo haben getestet, wie leicht sich Salmonellen-Keime von Hühnerbrüsten aufs Schneidebrett und von dort auf geschnippelte Gurken übertragen lassen. Bei Brettern, die schon lange in Betrieb waren, hielten sich die Durchfallerreger auch nach dem Waschen. Und dabei waren Holzbretter anfälliger.

Allerdings ist das kein Sieg der Plastik-Fans: Die Plastikbretter schnitten nicht viel besser ab, auch hier waren Erreger nachzuweisen. Das passt zu einer aktuellen Studie. Manche Bakterien, wie Campylobakter, überleben sogar ein paar Stunden länger auf Plastikbrettern als auf Holz.

Spülmaschine garantiert keine Hygiene

„Hygienisch deutlich auffällig“ war auch jedes vierte Schneidebrett, dass der SWR im „Marktcheck“ von einem Hygieneexperten im Labor untersuchen ließ. Auch auf einem Plastikbrett, das regelmäßig in der Spülmaschine landete, fand er derart viele Darmbakterien, dass sie eine Magendarminfektion auslösen könnten.

Gewöhnlich sind Schneidebretter nicht die ersten Verdächtigen, wenn sich jemand mit Erbrechen und hochfrequenten Toilettengängen quält. Eher wird der Salat oder rohe Eier beschuldigt. Dass Bretter generell krank machen können, zeigten Ermittlungen der Gesundheitsbehörde in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee: Im Jahr 2000 litten rund 200 Menschen, die unglücklicherweise im Lokal „San Antonio Taco Company“ gespeist hatten, an Salmonellen-Infektionen – und schuld waren die Schneidebretter, auf denen rohes und gekochtes Fleisch zubereitet wurde.

Übeltäter Hühnerbrust

Entscheidend für die Infektionsgefahr ist nämlich, was auf dem Brett landet. Der größte Übeltäter ist Hühnchen. Bretter, auf denen Huhn geschnitten wurde, sind besonders häufig mit Darmbakterien und anderen Durchfallerregern besiedelt, die teils sogar resistent gegen Antibiotika sind. Das ist nicht unbedingt die Schuld der Köche, die sich nicht zünftig die Händewaschen, sondern liegt daran, wie Hühner geschlachtet werden.

Bevor der Appetit uns ganz vergeht, halten wir uns an die Empfehlung von Stiftung Öktotest und dem Bundesinstitut für Risikobewertung: Am besten unterschiedliche Schneidebretter nutzen, für rohes Fleisch Plastik und für Gemüse Holzbretter. Gekochtes Essen sollte nicht auf einem Brett landen, wo vorher rohes Fleisch bearbeitet wurde.

Und für Hühnchen sollte man ein eigenes Plastikbrett nutzen, das man bei mehr als 60 Grad in der Spülmaschine wäscht und am besten noch mit einer Bürste reinigt – nicht mit einem Schwamm, die sind bekanntlich die ultimativen Superkeimschleuder.

Tipp: Am schwersten haben es Keime übrigens auf Glas- oder Steinbrettern. Die sind auch außerordentlich hübsch – allerdings schaden sie den Messern, die auf den harten Materialien schneller abstumpfen. Irgendwer leidet also immer, bei der Schneidebrett-Frage.