Die Kritik an der Nominierung der bisherigen Schatzmeisterin der CDU Julia Klöckner für das Amt der Bundestagspräsidentin hält an. Sie soll bei der konstituierenden Sitzung am Dienstag gewählt werden. Der Bundestag solle ein Ort sein, an dem „mit Respekt und auch mit Würde“ debattiert wird, hatte die 52 alte ehemalige Landwirtschaftsministerin bei ihrer Nominierung gesagt. Sie sehe die Rolle des Bundestags darin, ein „Vorbild“ für die ganze Gesellschaft sein.
Seit dem Einzug der AfD ist der Ton im Parlament ein anderer geworden. Die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) beklagte wiederholt, dass die Sprache im Plenum härter und diskriminierender geworden sei.
Klöckners Ankündigung, sich bei allen Bundestagsfraktionen vorzustellen, hatte bei den Grünen für einen Aufschrei gesorgt. Die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann wollten von Klöckner wissen, ob sie auch mit den Abgeordneten der AfD sprechen werde oder nicht. Von Klöckners Antwort wollten sie abhängig machen, ob sie Klöckner in ihre eigene Fraktionssitzung einladen oder nicht. Ein Besuch bei der AfD wäre ein „falsches Signal der Normalisierung“ gegenüber einer Fraktion, deren Abgeordnete „mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Aussagen“ Politik machten.
Kritik an altem Video mit Nestlé
Die frühere Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte dem „Spiegel“, der Bundestag brauche eine Person, die verbinde statt zu spalten. Nach allem, was in den vergangenen Jahren zu beobachten gewesen sei, seien Zweifel angebracht, ob Klöckner diese Anforderungen tatsächlich erfülle, so Lang.
Durch die Verlegung der AfD-Fraktionssitzung auf Montagabend – Klöckner wird zu jener Zeit bei der SPD-Fraktion sein – wird es vor der Wahl kein Treffen mit der AfD geben,
Kritiker halten Klöckner ein Video vor, das sie als Bundesagrarministerin mit dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé gemacht hatte. Viele sahen darin versteckte Werbung. Der gemeinnützige Verein „Lobbycontrol“ wies in der vergangenen Woche auf mögliche Interessenkonflikte hin, da Klöckner bisher noch Teil der CDU-Führung ist und das Amt der Schatzmeisterin bekleidet. Als Bundestagspräsidentin wäre Klöckner für die Kontrolle der Parteienfinanzierung zuständig, hieß es. Besonders brisant sei dann, dass die Spendenprüfung in diesem Wahljahr dazugehöre und die CDU am meisten von hohen Zuwendungen profitiert habe.
Klöckner hat deshalb angekündigt, sie werde ihr Amt als Schatzmeisterin in den Gremiensitzungen am Montag niederlegen. Dies habe sie vor ihrer Nominierung mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz bereits besprochen. Durch ihre Wahl wäre Klöckner die vierte Frau an der Spitze des Bundestags und hätte das protokollarisch zweithöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten inne. Trotz der Kritik gilt ihre Wahl als Formsache.