Das Parlament ist keine Anti-AfD-Veranstaltung

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Was gemeinhin als Rezept für die Eindämmung der AfD gepriesen wird, kann ebenso gut als Geheimnis ihres Erfolgs gelten. Die Isolierung und Ausgrenzung – in Sonntagsreden zum „Zusammenhalt“ der Gesellschaft stets zu Recht am Pranger – hat im Falle der AfD bislang jedenfalls das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt war.

Im Bundestag ist ihre Fraktion nun nach ununterbrochenen Brandmauerbauarbeiten doppelt so stark wie nach 2021. Innerparteilich brachte die Brandmauer zudem den Scharfmachern Vorteile, die den Gemäßigten in der AfD ein ums andere Mal vorhalten können: Seht ihr, euer Kurs bringt uns nichts, außer dass wir Wähler verlieren könnten.

Normalität ist nicht der alleinige Maßstab

Die Grünen-Fraktion hält es nun gar für einen frevelhaften Akt der „Normalisierung“, wenn Julia Klöckner sich als Kandidatin für das Amt der Bundestagspräsidentin auch bei den AfD-Abgeordneten vorstellen will. Es wäre in der Tat etwas Neues, das aber nicht daran gemessen werden sollte, ob es „normal“ ist, sondern daran, ob es sich in einer parlamentarischen Demokratie so gehört.

Die Grünen wollen sagen: Demokraten verweigern das Gespräch. Richtig wäre es hingegen, das Parlament als den Ort zu begreifen, wo jeder Abgeordnete das ganze Volk repräsentiert – nicht nur den Teil, der ihm gefällt. Darin steckt der Sinn demokratisch-parlamentarischer Integration und setzt zumindest den Versuch voraus, das Gespräch zu suchen. Klöckner sollte sich von den Grünen nicht davon abhalten lassen.