Hitlers letzte große Attacke endete im Desaster

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1944 war das Ende Nazi-Deutschlands nahe, dann setzte Adolf Hitler vor 80 Jahren noch einmal alles auf eine Karte. In der Ardennenoffensive wollte er einen Sieg über die Alliierten im Westen erzwingen.

Ziemlich siegessicher fühlten sich die westlichen Alliierten Anfang Dezember 1944. Aus gutem Grund: Sie hatten die Truppen Adolf Hitlers aus Frankreich gedrängt, mit Aachen im Oktober 1944 eine erste deutsche Großstadt eingenommen. Bernard Montgomery, britischer Field Marshall, sprach der Wehrmacht am 15. Dezember 1944 gar die Fähigkeit zu größeren Offensiven ab. Er sollte sich irren. Gewaltig.

Fast 2.000 deutsche Geschütze nahmen nur einen Tag später die amerikanischen Einheiten in den Ardennen unter Feuer. Die Attacke begann in den frühen Morgenstunden, als die US-Soldaten noch friedlich schliefen. “Zu Tode erschrockene GIs”, sprangen gewissermaßen vom Tiefschlaf in die Schützenlöcher, wie es der Historiker Antony Beevor in seinem Buch “Der Zweite Weltkrieg” beschreibt. Damit war der Schrecken nicht vorbei, denn nun rückte die deutsche Infanterie vor; in ihrem weißen Tarn aus dem Schutz des Waldes kommend, hätten sie wie “Gespenster” gewirkt, so Beevor.

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Ardennenoffensive 1944/45: Deutsche Soldaten ergeben sich US-Truppen. (Quelle: Archiv Gerstenberg)

Besonders hart getroffen wurden die US-Einheiten, die dann den Spitzen der vorstoßenden deutschen Panzer im Wege standen. Eile hatte Adolf Hitler seinen Generälen aufgetragen, denn nur Geschwindigkeit konnte angesichts der alliierten Überlegenheit zum Erfolg führen. Joachim Peiper von der 1. SS-Panzerdivision Leibstandarte Adolf Hitler, ein Nazi vom Kopf bis in die Fußspitzen, zwang seine Panzerbesatzungen gar durch ein gegnerisches Minenfeld, um keine Zeit beim Vormarsch zu verlieren.

Als Ardennenoffensive ging dieser Versuch Hitlers, das Kriegsverlauf zu wenden, in die Geschichte ein. Die Amerikaner bezeichnen sie hingegen als “Battle of the Bulge”, Schlacht der Ausbuchtung. Denn den deutschen Verbänden gelang es tatsächlich, eine Beule in die alliierte Front in Belgien und Luxemburg zu treiben. Mehr als 200.000 Soldaten, verteilt auf drei Armeen, mit rund 600 Panzern und Sturmgeschützen machten die erste deutsche Angriffswelle aus, wie der Historiker Klaus-Jürgen Bremm in seinem Buch “Die größten Schlachten der Geschichte” schreibt.

Mit dieser Masse an Soldaten und Waffen hatte Hitler zusammengekratzt, was der deutschen Militärmaschinerie noch an Reserven geblieben war. Hasardeur, der er war, setzte der Diktator alles auf eine Karte, sehr zum Missfallen seiner Generäle. Diese hatten gerade den Rückzug aus Frankreich ins Reich bewerkstelligt, richteten sich auf die Defensive ein. Zumal im Osten die Rote Armee heranmarschierte, die kurz zuvor in ihrer “Operation Bagration” die gesamte deutsche Heeresgruppe Mitte zertrümmert hatte.

Defensive? Nichts für den Angriffskrieger Hitler. “Zu lange Perioden einer nur defensiven Standhaftigkeit”, so beschied der Diktator seinen Generälen, würden “auf die Dauer zehren”, wie ihn der Historiker Richard Overy in seinem Werk “Weltenbrand” zitiert. Die hohen Offiziere mussten sich fügen, wenn ihnen auch schwante, dass Hitlers Ardennen-Plan ebenso größenwahnsinnig wie zum Scheitern verurteilt war. Denn das vorgegebene Ziel war das weit entfernt gelegene Antwerpen, der belgische Hafen, über den die Alliierten seit Befreiung der Stadt große Mengen an Nachschub für ihre Truppen lieferten.

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Hitler dachte noch in den Dimensionen des Jahres 1940, als die Wehrmacht in der Westoffensive ihren legendären “Sichelschnitt” durch die Ardennen durchgeführt hatte, um die französischen Verteidigungsanlagen der Maginot-Linie zu umgehen. Der “Sichelschnitt” führte in der Folge zur Niederlage Frankreichs, doch 1944 hatte sich die Lage grundlegend geändert: Die Stärke der Alliierten war erdrückend, die Schwäche der Wehrmacht eklatant.

Gleichwohl gelangen den deutschen Verbänden in der Ardennenoffensive anfänglich größere Erfolge. Das lag vor allem am Gegner. Die Westalliierten hatten allerlei warnende Hinweise auf eine große Konzentration deutscher Truppen in dem Raum ignoriert; selbst als die Offensive rollte, wurde das Ausmaß von Hitlers Plänen unterschätzt. “Wo, zum Teufel, nimmt der Hurensohn all diese Kraft her?”, staunte US-General Omar N. Bradley, als er die Dimensionen des deutschen Angriffs erahnte. In Deutschland ließ sich Hitler zugleich Bericht erstatten, wie Antony Beevor in seinem Buch “Die Ardennenoffensive 1944” schreibt: “Überraschung vollständig gelungen”.