Noch handelt es sich nur um die Textvorschläge der Arbeitsgruppen, der Koalitionsvertrag harrt der Fertigstellung. Doch was sich CDU/CSU und SPD zur Zukunft des Heizungsgesetzes überlegt haben, schlägt bereits hohe Wellen. Eilig verschicken Wärmepumpenanbieter Pressemitteilungen, in denen sie ihre Geräte als die „günstigste Art zu heizen“ bewerben. Der Branchenverband kritisiert die „radikalen Änderungen der Rahmenbedingungen“, die „Gift für einen Wirtschaftszweig“ seien. Und auch Umweltverbände sind alarmiert. Der BUND spricht von einem „Frontalangriff auf den Klimaschutz bei Gebäuden und Heizen“.
Was ist passiert? Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das seit der von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) initiierten Reform als Heizungsgesetz bekannt ist, war in den Koalitionsverhandlungen gleich in zwei Arbeitsgruppen Thema – sowohl bei Energie und Klima als auch bei Verkehr und Bauen. Was sich abzeichnet, ist, dass die habecksche Reform zumindest in Teilen rückgängig gemacht wird. Unklar ist indes, was an ihre Stelle treten soll. Denn Union und SPD sind sich einig, dass Deutschland sein selbst gestecktes Klimaziel – CO2-Neutralität bis 2045 – erreichen soll. Aktuell sorgen Gas- und Ölheizungen noch in zwei Dritteln aller Wohnungen für Wärme.
Emissions- statt Energieeffizienz
Die Baupolitiker von Union und SPD haben sich in ihrem Papier auf folgende Formulierung geeinigt: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Wir werden ein neues Recht schaffen, das einen Paradigmenwechsel weg von einer kurzfristigen Energieeffizienzbetrachtung beim Einzelgebäude hin zu einer langfristigen Betrachtung der Emissionseffizienz vollzieht. Die Heizungsförderung werden wir fortsetzen.“ Derzeit steht im Gebäudeenergiegesetz, dass neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie laufen müssen, sobald in dem jeweiligen Ort die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen ist. Die Frist dafür endet in Großstädten Mitte 2026, in kleineren Städten Mitte 2028. Die Wohnungswirtschaft rätselt nun darüber, wie die potentiellen Koalitionäre das Gesetz konkret ändern wollen.
Die Forderung, statt der Energie- die Emissionseffizienz in den Blick zu nehmen, gab es in den vergangenen Jahren immer wieder, von Immobilienverbänden ebenso wie von der FDP. Derzeit liegt der Fokus darauf, dass Häuser möglichst wenig Energie verbrauchen sollen. Neubauten dürfen aktuell nur noch 55 Prozent der Energie eines Standardgebäudes benötigen. Der Fachausdruck der staatlichen Förderbank KfW lautet Effizienzhaus 55. Sanierungen werden nur dann bezuschusst, wenn mindestens ein Effizienzhaus 85 erreicht wird. Achtet man auf die Emissionseffizienz, ist dagegen weniger die benötigte Energiemenge entscheidend, sondern, ob die benötigte Energie klimafreundlich ist, ob zum Beispiel statt Strom aus einem Gaskraftwerk Ökostrom verwendet wird. Betrachtet man die Emissionseffizienz über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, wird auch der CO2-Ausstoß bei der Herstellung und beim Transport der Baumaterialien berücksichtigt und ob das Material nach einem Abriss recycelt werden kann.
Eine derartige Herangehensweise in ein Gesetz zu übertragen, ist für sich schon kompliziert. Die Sache wird aber noch komplizierter, weil es in der Energiearbeitsgruppe keine Einigkeit zu dem Thema gab. Der Textvorschlag der Union ist identisch mit der Formulierung, auf die sich die Bauarbeitsgruppe geeinigt hat. Die Energiepolitiker der SPD wollen dagegen eine Reform des Gesetzes, die es „technologieoffener, flexibler und einfacher“ machen soll. Wie diese aussehen soll, bleibt offen. Den Druck auf Hauseigentümer erhöhen will die SPD, indem die neuen Regeln auch unabhängig von der kommunalen Wärmeplanung in Kraft treten sollen. Hintergrund ist, dass etliche Städte bis Mitte 2026 beziehungsweise Mitte 2028 noch nicht fertig sein dürften.
Förderung soll bleiben
Woran beide Seiten festhalten wollen, ist die Förderung des Heizungsaustauschs, wobei sich noch zeigen muss, ob es bei dem aktuellen Modell aus 30 Prozent Grundförderung plus Geschwindigkeits- und Einkommensboni bleiben soll. Viele Hausbesitzer sind beim Kauf einer Wärmepumpe aktuell noch auf diese staatliche Hilfe angewiesen. Das zeigt eine neue Rechnung des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik an der RWTH Aachen, die der F.A.Z. vorab vorliegt. Der Stromanbieter Octopus Energy , der auch Wärmepumpen verbaut, hat sie in Auftrag gegeben. Demnach schlägt die Wärmepumpe die traditionelle Gasbrennwertheizung nur inklusive Förderung. Nach dem Rekordjahr 2023 war der Absatz von Wärmepumpen im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent eingebrochen. Zuletzt ging die Zahl der Zusagen im Rahmen der Heizungsförderung aber wieder leicht nach oben.
Die RWTH-Forscherinnen haben jeweils zwei typische Einfamilienhäuser in Berchtesgaden und Potsdam betrachtet: ein teilweise saniertes Haus, welches zwischen 1919 und 1948 errichtet wurde, und ein unsaniertes Haus aus den 1980er Jahren. Als Investitionskosten unterstellen sie knapp 34.000 Euro für Wärmepumpe, Warmwasser- und Pufferspeicher (ohne Förderung), für ein Gasbrennwertgerät inklusive Warmwasserspeicher gut 12.000 Euro. Betrachtet werden anschließend die durchschnittlichen Gesamtkosten im Jahr, gerechnet über eine Lebensdauer der Heizung von 20 Jahren.
Viel hängt von Entwicklung der Energiepreise ab
Es zeigt sich, dass in Häusern mit Fußbodenheizung die Wärmepumpe auch ohne Förderung die wirtschaftlich attraktivere Variante ist, falls der Strompreis in den kommenden Jahren leicht sinken sollte. Wird der staatliche Zuschuss in Höhe von 50 beziehungsweise 55 Prozent in Anspruch genommen, ist die Wärmepumpe auch in Häusern mit klassischen Heizkörpern überlegen. Voraussetzung ist aber, dass die notwendige Vorlauftemperatur 65 Grad nicht übersteigt. Fußbodenheizungen kommen meist mit niedrigeren Vorlauftemperaturen aus, was den Heizbedarf und somit die Energiekosten senkt.
Grundsätzlich hängen solche Rechnungen stark von der Entwicklung der Energiepreise in den kommenden Jahren ab. Je höher die Gaspreise und je niedriger die Strompreise, desto eher lohnen sich Wärmepumpen. Die RWTH-Forscherinnen unterstellen in ihrer Simulation leicht steigende Gaspreise sowie ein Szenario mit leicht sinkenden und ein Szenario mit leicht steigenden Strompreisen.
Die Unterhändler von Union und SPD wollen die Strompreise für private Haushalte und Unternehmen dauerhaft um mindestens fünf Cent je Kilowattstunde reduzieren, indem die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt und ein Bundeszuschuss zu den Netzentgelten der Übertragungsnetzbetreiber gezahlt wird. Viele Fachleute gehen zudem davon aus, dass Gas in den kommenden Jahren deutlich teurer wird. Das liegt zum einen daran, dass sich mutmaßlich immer weniger Haushalte und Unternehmen die Kosten für den Betrieb der Gasnetze teilen werden und die Gasnetzentgelte dadurch steigen. Zum anderen rechnen Beobachter mit steigenden CO2-Preisen in den kommenden Jahren. Aktuell werden in Deutschland fürs Heizen 55 Euro je Tonne CO2 fällig. Das nationale Preisregime wird im Jahr 2027 aber durch einen europäischen Emissionshandel abgelöst. In dem RWTH-Szenario wird bis 2045 ein Anstieg auf 220 Euro je Tonne unterstellt. Derartige Preisanstiege dürften allerdings politisch schwer durchhaltbar sein. Auch Union und SPD bauen für diesen Fall bereits vor. Im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Klima und Energie heißt es, man wolle sich für Instrumente einsetzen, die CO2-Preissprünge für die Verbraucher vermeiden.