Ein Gesetz soll willkürliche Streiks verbieten

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Im Tarifstreit des öffent­lichen Dienstes läuft jetzt ein Schlichtungsverfahren. Zuvor aber hatte die Gewerkschaft schon mit heftigen Streiks an Flughäfen Arbeitgeber wie auch Fluggäste un­ter Druck gesetzt. Und in einem Tarifstreit bei den Berliner Verkehrsbetrieben hat sich Verdi zwar soeben nach heftigem Arbeitskampf zu einer Schlichtung bereiterklärt, aber dennoch erst einmal eine weitere Streikwelle in Gang gesetzt.

Solche Eskalationen stehen nach Ansicht nicht weniger Arbeitsrechtler für eine schädliche Entgrenzung von Tarifkonflikten. Und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall stellt deshalb nun einen neuartigen Gesetzentwurf zur Debatte, der Verhandlungsabläufe klarer strukturieren und die Möglichkeit einer Schlichtung nach festen Regeln verankern soll.

Verfasst haben ihn die Rechtswissenschaftler Richard Giesen von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Clemens Höpfner von der Universität zu Köln. Ein Konfliktverhalten von Gewerkschaften, das eher auf Eskalation zum Zweck der Mitgliederwerbung als auf Lösungen angelegt sei, bringe die ganze Tarifautonomie in Verruf, sagte am Mittwoch Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf zur Begründung seiner Initiative.

Schlichtung statt Eskalation von Streiks

Ziel des Gesetzesvorschlags sei es, die seit Jahren „diffuse Rechtsprechung“ zu Streiks zu ordnen und zudem unbeteiligte Dritte vor Schäden zu schützen – vor allem vor Streiks in einer Phase, in der Wege zu einer Verhandlungslösung noch gar nicht ausgeschöpft seien, erläuterte Wolf. In den vergangenen Jahren hatten vor allem Verdi sowie die Gewerkschaften GDL und EVG bei der Deutschen Bahn häufiger schon nach einer Verhandlungsrunde zu Streiks aufgerufen oder sogar schon vor ihren Tarifrunden Streiks angekündigt.

Mit der geforderten Regelung hätten Arbeitgeber stets das Recht, eine Schlichtung anzustrengen; davor dürfte die Gewerkschaft nur noch zu zweistündigen Warnstreiks aufrufen. Der Weg zu umfangreichen Arbeitskämpfen bliebe aber offen, falls die Schlichtung scheitert. Umgekehrt würde dies auch für den selteneren Fall gelten, dass Arbeitgeber mittels Aussperrung Arbeitskämpfe führen. Vor allem gehe es darum, „unnötige Streiks“ zu verhindern, ohne das Streikrecht als solches anzutasten, sagte Wolf.

Zusätzliche Beschränkungen sieht der Entwurf im Verkehrswesen vor: Aus Rücksicht auf Kunden müssten Streiks dort vier Tage im Voraus angekündigt werden, zudem wäre stets ein Mindestbetrieb zu garantieren. Zur Fundierung der Initiative hat Tarifforscher Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 29 Tarifbereiche untersucht. In 13 davon gibt es demnach keine Schlichtungsregeln. In den anderen 16 haben die Tarifparteien eigene Regelungen vereinbart, aber mit unterschiedlicher Verbindlichkeit. Wolf sieht darin Chancen, auch im Gewerkschaftslager Zuspruch für den Vorstoß zu finden – und vor allem in der künftigen Regierung.