Auf den ersten Blick gleicht das Gebilde einer gewöhnlichen Spiralgalaxie, wie auch unsere Milchstraße eine ist: eine scheibenförmige, im Zentrum verdickte Welteninsel aus Hunderten Milliarden von Sternen, von denen sich viele in leuchtenden Spuren um ein helles Zentrum herum winden. Auf den zweiten Blick verwundert die große Lücke zwischen Zentrum und Spiralarmen.
Tatsächlich ist der helle Fleck in der Mitte dieser soeben veröffentlichten Aufnahme des James Webb Space Telescope keineswegs das Zentrum der Spirale. Vielmehr handelt es sich selbst um eine Galaxie. Als sogenannte elliptische Galaxie gehört sie zu der anderen großen Gruppe regulär geformter Galaxien im Kosmos. Und sie ist Teil eines ganzen Galaxienhaufens namens SMACSJ0028.2-7537, in dem sich enorme Mengen an Materie konzentrieren. Deren Schwerkraft wirkt für Lichtstrahlen aus Regionen, die von uns aus gesehen hinter dem Galaxienhaufen liegen wie eine Linse – und etwas, das genau dort in der Sichtlinie liegt, vergrößern.
Genau das ist mit dieser noch namenlosen Spiralgalaxie passiert. Sie ist eigentlich viel weiter von uns entfernt als der Galaxienhaufen SMACSJ0028.2-7537, trotzdem sind nicht nur ihre Spiralarme bestens zu sehen, sondern sogar noch einzelne Sternhaufen. Der Preis für ihre Sichtbarkeit für uns ist lediglich eine spektakuläre Verzerrung zu einem Ring. Solche sogenannten Einstein-Ringe mit einem derartigen Grad an Geschlossenheit sind sehr selten. Meist erzeugt der Gravitationslinseneffekt nur getrennte Bögen, und noch öfter verzerrt er lediglich die Form der gelinsten Galaxien.
Das Bild entstand im Rahmen eines Beobachtungsprogramms, dem Strong Lensing and Cluster Evolution Survey (SLICE), das insgesamt 182 Galaxienhaufen mit der Nahinfrarotkamera des James-Webb-Teleskops in den Blick nimmt, um die Evolution der Galaxienhaufen über acht Milliarden Jahre hinweg zu untersuchen. Neben den Daten von James Webb flossen auch solche aus zwei Instrumenten des Hubble Space Telescope in dieses Bild ein.