Lindner muss SMS an Porsche-Chef Blume offenlegen

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Während sich Christian Lindner nach der verlorenen Bundestagswahl beruflich wieder neu orientiert, bleibt seine Vergangenheit als Bundesfinanzminister im Fokus des öffentlichen Interesses. Besonders über seinen Austausch mit dem Porsche-Chef Oliver Blume wüsste man gerne mehr. Die Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch jedenfalls hat deshalb Klage eingereicht – und in der ersten Instanz recht bekommen.

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit soll jetzt befriedigt werden, so hat es das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag entschieden (Az.: VG 2 K 60/23). Sollte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Sache nicht noch ganz anders sehen, muss das Bundesfinanzministerium insgesamt zwölf SMS herausgeben.

Wie groß war Porsches Anteil?

Im Fokus steht ein SMS-Verkehr im Juni und Juli 2022, in dem sich die beiden über eine Öffnung des faktischen Verbrennerverbots für E-Fuels von 2035 an ausgetauscht haben sollen. Zumindest berichtete das ZDF-Satiremagazin „Die Anstalt“, Blume habe bei einer Betriebsversammlung gesagt, Porsche habe „sehr großen Anteil“ daran gehabt, dass eine weitere Nutzung von synthetisch hergestellten E-Fuels für Verbrennungsmotoren in den Koalitionsvertrag eingeflossen sei. Lindner habe ihn dabei „fast stündlich auf dem Laufenden gehalten“. Porsche teilte daraufhin mit, die Wortwahl habe „nicht den Tatsachen“ entsprochen. „Der Austausch hat so nicht stattgefunden, und es gab keine Einflussnahme.“

Über den Umweg des Verwaltungsgerichts ist Abgeordnetenwatch der Erkenntnis nun einen Schritt näher gekommen. Die Klägerin habe Anspruch auf Informationszugang nach dem Umweltinformationsgesetz, weil es sich bei den SMS um Umweltinformationen handle, befand die Kammer. Der Minister und der Porsche-Vorstandsvorsitzende sind aus Sicht des Gerichts lediglich in ihrer beruflichen Rolle betroffen, daher trete ihr Interesse am Schutz ihrer personenbezogenen Daten zurück. Demgegenüber überwiege das Interesse der Öffentlichkeit daran, Inhalt und Art der Kommunikation zu erfahren, die möglicherweise Rückschlüsse auf etwaige Näheverhältnisse zwischen Regierenden und Dritten zum Thema E-Fuels ermögliche, argumentierte das Gericht.

„Meilenstein in Sachen Transparenz“

Das Urteil sei ein „Meilenstein in Sachen Transparenz“, teilte Abgeordnetenwatch mit. „Erstmals erfährt die Öffentlichkeit nun aus erster Hand, wie ein Minister mit einem Lobbyisten per SMS kommuniziert hat.“ Sobald der Organisation die Nachrichten vorlägen, würden sie veröffentlicht.

Das Urteil kommt in einer Zeit, in der die Auskunftsansprüche der Öffentlichkeit ohnehin gerade diskutiert werden. In den Koalitionsverhandlungen setzen sich CDU/CSU für eine Beschränkung des Informationsfreiheitsgesetzes ein, während die SPD die Regeln beibehalten will. Die Frage gehört zu den strittigen Punkten, die jetzt von der Steuerungsgruppe entschieden werden sollen. Abgeordnetenwatch nimmt den Fall zum Anlass, für die bestehenden Regeln zu werben. Ohne starke Auskunftsrechte bleiben Lobbyabsprachen im Dunkeln.