Schulleiter wirft früherer Staatssekretärin Rufmord vor

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„Ich bin eine Person des öffentlichen Lebens und erwarte eine Exit-Tür im Rahmen des rechtlich Möglichen.“ So lautet der Satz, über den die frühere hessische Wirtschaftsstaatssekretärin Lamia Messari-Becker gestolpert sein soll. Björn Hamburger, der Leiter des Darmstädter Ludwig-Georg-Gymnasiums, zitierte die Worte am Freitag in dem Untersuchungsausschuss des Landtags, der sich mit den Gründen für die Abberufung der 52 Jahre alten Professorin für Bauphysik beschäftigt.

Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte in einer Pressemitteilung vom 22. Juli ein „nicht hinnehmbares Fehlverhalten“ der Staatssekretärin ins Feld geführt. Dahinter verbarg sich der Vorwurf, sie habe ihre Position in der Landesregierung für den Versuch missbraucht, ihrer Tochter in deren Darmstädter Schule eine bessere Abiturnote zu verschaffen. Messari-Becker hat das stets zurückgewiesen.

Ebenso entschieden hat Hamburger die Darstellung, die er im vergangenen Jahr zu Protokoll gegeben hatte, nun öffentlich wiederholt. Gleichzeitig setzte er sich gegen die Vorwürfe zur Wehr, die Messari-Becker gegen ihn in einer Dienstaufsichtsbeschwerde erhebt.

Unter Druck gesetzt

Weil deren Tochter mit ihren Noten in Mathematik und Geschichte nicht zufrieden war, wurden in der Schule Termine für Gespräche mit Lehrern und zur Akteneinsicht anberaumt. Besonders umstritten ist ein Treffen, zu dem am 28. Juni Hamburger, zwei Kollegen sowie Messari-Becker und deren Tochter zusammenkamen, um über die Note in Geschichte zu reden.

Schon bei der Terminvereinbarung, aber auch in dem Gespräch selbst habe Messari-Becker mehrfach ihren Professorentitel und ihre berufliche Position ins Spiel gebracht, berichtete Hamburger. Als ein Kollege gefragt habe, was mit der „Exit-Tür im Rahmen des rechtlich Möglichen“ gemeint sei, habe sie gefordert, die Note zu ändern.

Durch diesen Wunsch und die Hinweise auf ihren Status habe er sich unter Druck gesetzt gefühlt, berichtete der 38 Jahre alte Pädagoge. Denn man frage sich doch, was auf der politischen Ebene passieren könne. Weil es um das Anliegen einer Staatssekretärin gegangen sei, habe er die zuständige Abteilungsleiterin des Kultusministeriums bei einem Termin aus einem anderen Anlass über den Vorgang informiert. Alle weiteren Auskünfte habe er der Landesregierung nur auf Anfragen hin gegeben. Er gehöre keiner Partei an. Gegenüber der Presse habe er sich gar nicht geäußert.

„Das ist Rufmord“

Trotzdem laste auf der Schule und ihm nun der öffentliche Druck. Die gegen ihn erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde lasse Vernunft vermissen und sei frei von Belegen für die erhobenen Vorwürfe. Dass er im Gespräch mit Messari-Becker Andeutungen zu deren Migrationshintergrund gemacht und in diesem Zusammenhang ihren „tollen Job“ thematisiert habe, sei eine Verleumdung.

Als früherer Oberstufenleiter einer Gesamtschule habe er zahllose Schüler mit ausländischen Wurzeln mit großem Einsatz zum Abitur begleitet. Umso mehr treffe es ihn, wenn ihm nun eine solche Äußerung in den Mund gelegt werde. „Das ist Rufmord“, sagte Hamburger. Damit spielte er auf Messari-Beckers Klage an, Mansoori habe ihren Ruf zerstört. Sie hat inzwischen einen Ruf an die Universität Karlsruhe angenommen.

Wie der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) erklärte, hätte Hamburger angesichts der gegen ihn von Messari-Becker erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde das Recht gehabt, die Befragung durch die Abgeordneten abzulehnen. Davon machte er aber keinen Gebrauch. Als „Perfidie“ bezeichnete Hamburger die Tatsache, dass die 24 Seiten umfassende Dienstaufsichtsbeschwerde an Medien gegeben wurde.

Hamburger verwahrte sich auch gegen Messari-Beckers Vorwurf, er habe ihr bei einer Veranstaltung aus Anlass der Abiturfeier nicht für ein Gespräch zur Verfügung gestanden. Er sei an dem Tag wegen einer Erkrankung überhaupt nicht in der Schule gewesen, sagte er. Der Vorwurf, dass er seine Kollegen unter Druck gesetzt habe, damit sie seine Aussagen bestätigten, sei auch für die Kollegen ein Tiefschlag.

Sie hätten nach dem Termin mit Messari-Becker in einem „einvernehmlichen Gespräch“ alle den Eindruck gehabt, unter Druck gesetzt worden zu sein. Der Geschichtslehrer, der am Freitag auch befragt wurde, bestätigte Hamburgers Darstellung. Die Debatte bedeute für sein Gymnasium, das er schützen müsse, eine große Belastung, sagte der Schulleiter. Das gelte aber auch für ihn selbst. „Dieser Vorgang macht mit mir sehr viel.“