„Dänemark hat keine gute Arbeit geleistet“

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Es gab wohl kaum einen besseren Zeitpunkt zur Vorstellung der grönländischen Regierung: Just als der amerikanische Vizepräsident mitsamt Delegation im Flugzeug in Richtung Grönland unterwegs war, stellte sich das neue Bündnis am Freitag in Nuuk vor.

Es ist eine Koalition, wie es sie in der Geschichte Grönlands noch nie gegeben hat. Gleich vier Parteien sind daran beteiligt, 23 von 31 Sitzen im Parlament hat das Bündnis, über alle teils auch großen inhaltlichen Unterschiede hinweg raufte man sich zusammen. Der Druck von außen machte es möglich.

„75 Prozent der Bevölkerung sind durch diese Koalition geeint“, sagte der designierte grönländische Regierungschef Jens-Frederik Nielsen bei der Vorstellung der neuen Regierung in Nuuk. Es sei nun wichtig, dass die gesamte Gesellschaft zusammenhalte. „Denn nur so können wir dem großen Druck, dem wir von außen ausgesetzt sind, begegnen.“

Welchen Druck er meinte, wurde wenige Stunden später wieder deutlich, etwa 1000 Kilometer weiter nördlich. Dort, auf dem amerikanischen Militärstützpunkt Pituffik Space Base, landete der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance am Freitagnachmittag deutscher Zeit mit einer Delegation. Bei einem Auftritt vor Pressevertretern machte Vance deutlich, dass US-Präsident Trump und seine Regierung arktische Sicherheit für ein wichtiges Thema halten, dass über die nächsten Jahrzehnte nur noch wichtiger werde.

Trump: USA brauchen Grönland für den „Weltfrieden“

Er warf Dänemark vor, nicht genug für die Sicherheit Grönlands und der dort stationierten US-Soldaten zu tun: „Unsere Botschaft an Dänemark ist ganz einfach: Sie haben keine gute Arbeit für die Menschen in Grönland geleistet.” Das zu ändern sei der Grund für Trumps Politik. Dänemark habe nicht mit Russland und China Schritt gehalten, die großes Interesse an Schifffahrtsrouten und Bodenschätzen in der Arktis hätten. Er richte sich „an die dänische Führung, die zu wenig in Grönland und zu wenig in seine Sicherheitsarchitektur investiert”. Schon in der Vergangenheit hatte Vance Dänemark vorgeworfen, Grönland viel zu lange vernachlässigt zu haben.

Weiter betonte Vance, das Selbstbestimmungsrecht der Grönländer zu respektieren, schloss ein militärisches Vorgehen aber nicht eindeutig aus: „Der Präsident hat gesagt, dass er nicht denkt, dass militärische Gewalt notwendig sein wird, aber er glaubt, dass Grönland ein wichtiger Teil der Sicherheit ist, nicht nur der Vereinigten Staaten, sondern der Welt.” Er hoffe, dass die Grönländer mit den USA „zusammenarbeiten” würden. „Wir könnten sie viel sicherer machen, wir könnten sie viel besser schützen, und ich denke, es würde ihnen auch wirtschaftlich viel besser gehen.”

Kurz zuvor hatte auch Trump wiederholt, dass die USA Grönland für den „Weltfrieden“ kontrollieren müssten, wie der „Guardian“ berichtet. Am Rande der Vereidigungszeremonie für den Staatsanwalt von New Jersey sagte er: „Glauben Sie, wir können darauf verzichten? Das können wir nicht.“

Vance’ Besuch auf Grönland erfolgte uneingeladen und zu einem – aus grönländischer Sicht – maximal ungünstigen Zeitpunkt, was in den vergangenen Tagen für scharfe Kritik gesorgt hatte. Der neue Regierungschef Nielsen erneuerte diese am Freitag. „Diese ganze Situation, dass er zu Besuch kommt, wenn keine Regierung an der Macht ist, ist unserer Meinung nach keine Respektsbekundung gegenüber einem Verbündeten. Es ist eine Schande“, sagte er.

Planänderungen nach Kritik und angekündigten Protesten

Die amerikanischen Reisepläne waren zuletzt wiederholt geändert worden. Zunächst war nur ein als privat deklarierter mehrtägiger Besuch von Vance’ Ehefrau Usha Vance angekündigt worden, der angeblich aus kulturellem Interesse erfolgen sollte. Was vor dem Hintergrund von Donald Trumps Drohungen, Grönland solle Teil der USA werden, geradezu grotesk wirkte.

Geplant war den ursprünglichen Plänen zufolge unter anderem der Besuch eines Hundeschlittenrennens. Das Programm wurde dann nach lauter Kritik und angekündigten Protesten abgesagt. Usha Vance begleitete nun ihren Ehemann nur auf den Militärstützpunkt, ebenso wie Trumps nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sowie Energieminister Chris Wright und der republikanische Senator Mike Lee. Schon für den späten Abend deutscher Zeit war offenbar wieder der Rückflug geplant.

Auch Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte infolge des zunächst angekündigten Besuchs scharfe Kritik geübt und den USA vorgeworfen, „inakzeptablen Druck“ auszuüben. Am Freitag gratulierte Frederiksen der neuen grönländischen Regierung und teilte mit, sie freue sich auf eine enge Zusammenarbeit „in einer unnötig konfliktgeladenen Zeit“.

Auch die neue grönländische Regierung strebt zwar die Unabhängigkeit vom Königreich Dänemark an, jedoch nur langfristig aus einer Position der wirtschaftlichen Unabhängigkeit heraus. Wann der Zeitpunkt dafür erreicht sein soll, ist völlig offen. Zwar will die neue Regierung nun rasch Verhandlungen mit Dänemark über einen neuen Rahmen der Zusammenarbeit aufnehmen. Rufe nach einer raschen Unabhängigkeit aber gab es am Freitag keine. Der starke Druck Amerikas hat die Insel Kopenhagen wieder deutlich angenähert.