Minh-Khai Phan-Thi ist die erste deutsche TV-Kommissarin mit asiatischen Wurzeln. Mit t-online spricht sie über den herausfordernden Weg ihrer Karriere.
Die Eltern von Minh-Khai Phan-Thi stammen aus Vietnam, sie selbst wurde in Darmstadt geboren. Ihr familiärer Hintergrund hat sie geprägt. “Ich bin als Migrantenkind der zweiten Generation dazu erzogen worden, nicht negativ aufzufallen und im Zweifel meinen Mund zu halten”, sagt die 51-Jährige im Interview mit t-online.
Heute ist sie laut und setzt sich für ihre Überzeugungen ein. “Ich habe lange gebraucht, um zu erkennen: Wenn man etwas erreichen möchte, wenn man etwas verändern will, muss man unbequem sein. Um Haltung zu zeigen, muss man seinen Mund aufmachen und den Gegenwind aushalten.”
Gegenwind hat sie zum Beispiel erhalten, als sie sich in der Vergangenheit gegen die scheinbar harmlose Frage “Woher kommst Du?” ausspricht. “Ich möchte gerne nochmal eines klarstellen: Es geht nicht darum, dass ich das nicht mehr gefragt werden möchte”, betont Minh-Khai Phan-Thi. Ihr geht es um die Botschaft und die Intention dieser Frage.
“‘Woher kommst du?’ suggeriert immer: ‘Du kommst nicht von hier!’ Ich bin aber hier geboren. Es geht darum, dass mein Gegenüber wissen möchte, woher meine Eltern kommen, beziehungsweise wo sich meine Wurzeln befinden.” Das solle man dann aber auch direkt so fragen, findet die Wahlberlinerin. “Wir reden immer von Integration, aber wie sollen sich Menschen mit Migrationshintergrund integrieren, wenn sie von vornherein ausgegrenzt werden?”

Um Alltagsrassismus und Missverständnisse geht es auch in der ZDFneo-Serie “Doppelhaushälfte”, in der Minh-Khai Phan-Thi eine Hauptrolle spielt und bei der sie am Drehbuch beteiligt war. “Wichtig ist uns als Autorenteam, dass wir Klischees nicht stehen lassen und keinen Rassismus reproduzieren”, sagt die frühere VIVA-Moderatorin.
Nach ihrer Zeit beim Musikfernsehen folgten erste Gastauftritte als Schauspielerin. Seit 2002 spielt sie eine Ermittlerin in der ZDF-Krimiserie “Nachtschicht” und ist damit die erste TV-Polizistin mit asiatischen Wurzeln im deutschen Fernsehen. Der nächste Film der Reihe, “Nachtschicht – Der Unfall”, läuft am 14. April um 20.15 Uhr im ZDF und ist bereits ab 5. April in der Mediathek verfügbar.
Bis dahin war es ein Kampf gegen viele stereotypische Rollenangebote, wie Asiatinnen, die nur schlecht Deutsch sprechen und kein “R” aussprechen können: “Es war hart und schwer, aber mit viel Geduld und Fleiß habe ich es geschafft, dass ich für verschiedenen Rollen infrage gekommen bin, ohne, dass in der Rollenbeschreibung ein Migrationshintergrund stand.”

Minh-Khai Phan-Thi hat sich als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert, ans Aufhören denkt sie nicht. Durch ihre Wurzeln hat sie sich aber schon früh mit ihrer Rente befasst. “Als Kind vietnamesischer Eltern kannte ich keine Geschenke zu Weihnachten oder Geburtstag von meinen Großeltern. Ich habe zum Abitur auch nichts bekommen und für meinen Führerschein und für viele meiner Urlaube musste ich selbst aufkommen”, erinnert sie sich.
“Meine Kindheit war geprägt von Geldsorgen und dass meine Eltern nahezu alles nach Vietnam zu unseren Familien geschickt haben. Bis heute unterstützen wir unsere Verwandten dort. Daher musste ich mich mit dem Thema der Altersvorsorge schon früh auseinandersetzen.” Die 51-Jährige sorgt schon sehr lange für sich selbst. “Das war und ist bis heute eine enorme Herausforderung, denn wir Schauspielenden sind nur unstetig beschäftigt.”
Der jährliche Brief der Rentenversicherung mit Ausblick auf ihre künftig zu erwartende Rentenhöhe mache da auch nicht Mut, meint die Schauspielerin. “Ich sehe es aber positiv: in Vietnam gibt es keine Rente. Die Familie ist die Rente.” Außerdem habe sie sich eh vorgenommen, weiter vor der Kamera zu stehen, “bis ich vom Set getragen werde”, sagt Minh-Khai Phan-Thi mit einem Augenzwinkern.