Ja, das ist eine sehr üble Entwicklung für Europa, die Ukraine und die Wirtschaft im Allgemeinen. Ob es am Ende so schlimm kommt, wie es derzeit aussieht, wird man sehen. Vielleicht kehrt ja doch irgendwann wieder Vernunft ein. Im Moment ist die ganze Situation aber sehr bedenklich.
Was würden Sie Trump sagen, wenn Sie ihm morgen begegneten?
Ich würde Trump sagen, dass er sich möglichst schnell verabschieden soll. Für seine einseitige Ausrichtung auf „America first“ habe ich noch ein gewisses Verständnis. Aber dass er Europa links liegen lässt und gefährdet, das ist ganz schlimm. Daher kann man sich ihn eigentlich nur wegwünschen.
Wie blicken Sie auf den erwarteten Zollhammer aus Amerika?
Für einzelne Branchen wie die deutsche Automobilindustrie ist das sehr unerfreulich. Generell glaube ich aber, dass der Welthandel weiterläuft. Der hängt ja nicht nur von den Vereinigten Staaten ab. Im Übrigen kann es sein, dass die Amerikaner über kurz oder lang pragmatische Lösungen finden, weil sie sich sonst zu tief ins eigene Fleisch schneiden.
Welche Folgen hat ein ausuferndes Zollregime für Ihren weltumspannenden Logistikkonzern Kühne + Nagel?
Ich sehe schon die Gefahr, dass das Geschäftsvolumen zurückgeht. Unsere Mitarbeiter sind da jedoch optimistischer. Sie verweisen zum Beispiel darauf, dass nun Verzollungstätigkeiten hinzukämen, an denen man extra verdienen könne. Aber den Leuten fehlt die Erfahrung. Es ist eine wachstumsverwöhnte Generation, die sich nicht vorstellen kann, dass es auch schwierigere Zeiten gibt. Ich bin der Meinung, dass man in Krisen denken und sich auf Krisen einstellen muss, selbst wenn es dann nicht so schlimm kommt. Man darf nicht so sorglos sein. Wir müssen wachsam bleiben.
Was halten Sie von der Lockerung der Schuldenbremse in Deutschland und dem Doppelwumms für Verteidigung und Infrastruktur?
Das war zwingend notwendig. Es ist natürlich schon kurios, wie locker Friedrich Merz das Rad umgedreht hat. Das ist optisch nicht schön und auch inkonsequent. Aber dass er keine Skrupel hatte, etwas zu tun, was er vorher abgelehnt hatte, ist der Sache nach richtig und gut. Deutschland muss militärisch stark aufrüsten und dringend die Infrastruktur modernisieren.
Was erwarten Sie von der nun wohl kommenden schwarz-roten Koalition?
Eine schwarz-grüne Koalition wäre vermutlich fortschrittlicher gewesen. Einige notwendige Reformen dürften mit der SPD nur schwer durchzubringen sein; die Roten bremsen in der Regel alles aus. Es ist nicht gut, wenn zu viele Kompromisse geschlossen werden und dabei dann halbe Sachen herauskommen. Spannend wird auch sein, ob sich die Koalitionspartner am Ende auch vertragen. Ungewissheit kommt also nicht nur aus Richtung Amerika.
Kommen wir zu Hamburg. Dort scheinen Sie mit der geplanten Übernahme des Elbtowers nicht voranzukommen.
Ich rechne nicht mehr damit, dass die Übernahme zustande kommt. Unsere Bietergruppe hat die Gespräche mit dem Insolvenzverwalter beendet. Wir bekommen das Geld nicht zusammen, um das Projekt weiterzuführen. Der finanzielle Einsatz meiner Kühne-Holding war von vornherein limitiert. Wir haben nicht den Ehrgeiz, da jetzt nachzulegen und das mit Gewalt durchzuziehen. Ich hätte gerne einen Beitrag geleistet. Der wäre dann noch zu meinen risiko- und verlustreichen Engagements bei René Benko dazugekommen. Aber innerlich habe ich mich von dem Projekt schon verabschiedet.
Warum sind die Verhandlungen gescheitert?
Es gibt zu wenig Investoren, die daran glauben, dass das Projekt wirtschaftlich ein Erfolg werden kann. Die Stadt Hamburg legt sich nicht fest, ob sie das Naturkundemuseum als Ankermieter in den Elbtower bringen will oder nicht, weil sie dem ganzen Projekt kritisch gegenübersteht. Das ist eine Henne-Ei-Situation. Weil man mit der Vermietung nicht richtig vorankommt, ist auch die Basis der Finanzierung zu dünn. Ohne eine ausreichende wirtschaftliche Basis würde das Projekt sehr schnell notleidend werden. Diese Ängste sind bei allen potentiellen Investoren verbreitet. Vielleicht findet der Insolvenzverwalter ja noch jemanden, der den nötigen Mut hat. Ich habe diesen Mut nicht. Wir wären dabei, wenn andere die Führung übernähmen und genügend Finanziers zusammenkommen. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall.