Bei den deutschen Kommunen ist im vergangenen Jahr wegen höherer Sozialleistungen ein Rekorddefizit aufgelaufen. Die Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) wiesen einen Fehlbetrag von 24,8 Milliarden Euro auf, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Dies ist „das höchste kommunale Finanzierungsdefizit seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990″. Im Vergleich zu 2023 ist es deutlich gewachsen: Damals hatte es 6,6 Milliarden Euro betragen.
„Ausgabentreiber sind dabei vor allem die Ausgaben für soziale Leistungen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindesbundes, André Berghegger. Um ein weiteres Erodieren zu verhindern, müsse auf Bundes- und Landesebene endlich ein Sinneswandel einsetzen. „Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch bezahlbar“, sagte Berghegger.
Es müsse zudem ein Ende haben, dass die Kommunen für meist auf Bundesebene beschlossene teure Standardanpassungen sowie Erweiterungen bestehender Aufgaben allein die Zeche zahlten. Angesichts der strukturellen Unterfinanzierung sei eine Erhöhung der gemeindlichen Anteile an den Gemeinschaftssteuern dringend geboten, damit die Kommunen handlungsfähig bleiben könnten.
Mehr für Sozialhilfe und Bürgergeld
2024 waren dem Statistikamt zufolge rund 6,2 Prozent der Ausgaben nicht durch reguläre Einnahmen gedeckt. Die Lücke musste deshalb aus Reserven oder durch die Aufnahme von Krediten finanziert werden. Das Defizit ist vor allem auf die kommunalen Kernhaushalte zurückzuführen: Mit 24,3 Milliarden Euro war es fast viermal so hoch wie 2023 (6,3 Milliarden Euro). „Das Defizit in den Kernhaushalten wuchs, weil der Einnahmenzuwachs nicht mit dem starken Ausgabenwachstum Schritt hielt“, hieß es. Letztere legten um 8,8 Prozent auf 362,7 Milliarden Euro zu.
„Treiber der Ausgaben der kommunalen Kernhaushalte waren vor allem die Sozialleistungen“, erklärten die Statistiker. Diese wuchsen um 11,7 Prozent oder 8,9 Milliarden Euro und summierten sich auf 84,5 Milliarden Euro. Hauptgrund dafür waren demnach Anpassungen der Regelsätze im Bereich der Sozialhilfe und im Bürgergeld zum 1. Januar 2024. „Die höheren Leistungssätze führten auch dazu, dass mehr Menschen solche Leistungen in Anspruch nehmen konnten“, so das Statistikamt. Leistungen der Sozialhilfe stiegen daher um 12,4 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro. Die Ausgaben zur Kinder- und Jugendhilfe nahmen um 17,1 Prozent auf 18,3 Milliarden Euro zu, die für Eingliederungshilfen um 13,6 Prozent auf 22,7 Milliarden Euro.
Auch die Personalausgaben der Kernhaushalte wuchsen deutlich, und zwar um 8,9 Prozent auf 88,1 Milliarden Euro. „Dies war Folge der im Jahr 2024 wirksamen Tarifsteigerungen und des Personalzuwachses in verschiedenen Bereichen“, hieß es. Die Einführung des Deutschlandtickets beeinträchtige den Vorjahresvergleich insbesondere bei Personalausgaben, Ausgaben für den laufenden Sachaufwand und Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, hieß es.