So viele Drohnenangriffe wie noch nie

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Russland hat die Ukraine im März mit so vielen Drohnen angegriffen wie noch nie seit Beginn des Kriegs. Ukrainische Medien errechneten unter Berufung auf Armeeangaben die Zahl von 4198. Das waren demnach knapp 300 Drohnen mehr als im bisherigen Rekordmonat Februar. Im Vergleich zum März des Vorjahres habe sich die Zahl versiebenfacht. Meistens handele es sich dabei um mit Sprengstoff beladene Drohnen iranischer Bauart.

Zuvor berichteten ukrainische Medien und Militäranalysten, dass Russland seine Taktik in der Luft verändert habe. Demnach schickte die russische Armee bisher bei einer Attacke einzelne Drohnen in gewissen Abständen zu mehreren Zielen. Eine Angriffswelle dauerte so zwar mehrere Stunden, die ukrainische Flugabwehr konnte aber relativ viele Drohnen abschießen.

Nun greift das russische Militär in Schwärmen an. Mehrere Drohnen werden nacheinander gestartet und sammeln sich in einiger Entfernung vom Zielort, um dann einen gemeinsamen Angriff zu starten. Die Abwehr dieser Drohnenschwärme ist für die ukrainische Flugabwehr deutlich schwieriger, meist kann nur ein Teil von ihnen abgeschossen werden.

Drohnenangriffe aus großer Höhe und steilem Winkel

Zudem hat sich die Flughöhe offenbar geändert. Die Drohnen kommen nun teils aus einer Höhe von mehr als tausend Metern und steuern dann in einem steilen Winkel auf ihr Ziel zu. Das macht die Arbeit von mobilen Abfangeinheiten fast unmöglich, die bisher Drohnen mit Maschinengewehren abschießen konnten. Hinzu kommt, dass bei einem Abschuss in großer Höhe unvorhersehbarer ist, wo die Trümmer der Drohne landen.

Welche Auswirkungen die neue Taktik hat, war in den vergangenen Wochen zu sehen. Nicht nur aus der Hauptstadt Kiew und der Hafenstadt Odessa wurden massive Drohnenangriffe gemeldet. Auch die Großstadt Dnipro wurde mehrmals attackiert. Hatte der Bürgermeister erst am Mittwoch vom größten Drohnenangriff auf seine Stadt in drei Jahren Krieg gesprochen, kamen bei einer weiteren Attacke am Freitag vier Menschen ums Leben. Es seien vor allem Wohnhäuser und ein Hotelkomplex beschossen worden, teilte die Militärverwaltung der Stadt mit. Der Sonntag wurde in Dnipro zum Trauertag erklärt. Auch in Kiew, der südukrainischen Großstadt Saporischschja und anderen Orten kamen infolge von Drohnenangriffen mehrere Menschen ums Leben.

Die ukrainische Armee versucht sich der neuen Taktik anzupassen. Dazu gehören der Seite „New Voice“ zufolge modernere Jetdrohnen. Der Militärfachmann Mychail Schyrochow vergleicht sie in dem Medium mit gelenkten Flugabwehrraketen, die aber deutlich günstiger seien. Drohnen könnten mit billigen Düsen ausgestattet werden, wie sie etwa in China für Flugzeugmodellbauer produziert werden.

Zwar sei es schwierig, eine Shahed-Drohne aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit mit den Jetdrohnen einzuholen und abzuschießen, sagt Schyrochow. Doch müsse dies gar nicht unbedingt notwendig sein. Ihm zufolge reicht es, einen Sprengsatz nahe der Drohnen zu zünden, um diese zu zerstören.