Sie ist keine ausgebildete Astronautin. Trotzdem umrundet die Berlinerin Rabea Rogge derzeit in einem Raumschiff die Erde. Wie kommt das?
Valentina Tereschkowa war die erste Frau im All. Sie umkreiste im Jahr 1963 die Erde fast 50-mal. Knapp drei Tage war sie damals mit ihrer Raumkapsel unterwegs. Zuvor hatte die russische Kosmonautin an einem jahrelangen Training teilgenommen, das sie auf den Flug vorbereiten sollte.
Jetzt, mehr als 60 Jahre später, ist die erste Deutsche ins All geflogen. Die 29-jährige Berlinerin Rabea Rogge ist vergangene Nacht an Bord einer “Dragon”-Kapsel des Raumfahrtunternehmens SpaceX gestartet und umrundet derzeit die Erde. Wie Tereschkowa damals wird auch Rogge mehrere Tage im All bleiben.

Ansonsten verbindet die beiden Frauen jedoch wenig. Rogge ist weder ausgebildete Astronautin, noch arbeitet sie für ein staatlich finanziertes Raumfahrtunternehmen. Anders als Tereschkowas Flug 1963 wird Rogges Reise ins All privat finanziert – sie ist eine sogenannte Weltraumtouristin. Die Mission “Fram2” bezahlt der Malteser Krypto-Milliardär Chun Wang.
Kennengelernt haben sich Rogge und Wang 2023 während eines Expeditionstrainings auf der zu Norwegen gehörenden Inselgruppe Spitzbergen. Mit Wang habe sie über Weltraumprojekte geredet, sagte Rogge in einem ihrer wenigen Interviews mit dem Magazin “National Geographic”.
2023 war Rogge Studentin für Elektrotechnik und Informationstechnologie an der ETH Zürich und beschäftigte sich dort mit den Konzepten einer Nanosatelliten-Zentrifuge in einer niedrigen Erdumlaufbahn.

Wenig später hat Wang eine Überraschung für die Berlinerin parat. “Dass er mich ein halbes Jahr später fragt, ob ich bei einer astronautischen Mission mitfliegen will, hätte ich im Traum nicht gedacht”, so Rogge in dem Interview.
Neben Rogge und Wang fliegen noch zwei weitere Personen in der “Dragon”-Kapsel um die Erde. Zur Crew gehören die Filmemacherin Jannicke Mikkelsen aus Norwegen sowie der Polarguide Eric Philips aus Australien. Beide wurden von Wang rekrutiert.
Rogge ist bei der Mission offiziell als wissenschaftliche Spezialistin dabei. Nach ihrem Studium an der ETH Zürich wechselte sie für ihre Doktorarbeit an die Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens.
Auch wenn Rogge kein intensives mehrjähriges Astronautentraining wie die Kosmonautin Tereschkowa durchlaufen hat, hat sie sich mit dem Rest der Crew seit Monaten intensiv auf ihren Flug vorbereitet.

Dabei wurden unter anderem in der SpaceX-Trainingskapsel verschiedene Szenarien und die Reaktionen darauf durchgespielt. Außerdem gab es medizinische Schulungen und Trainingseinheiten für die geplanten wissenschaftlichen Experimente.
Zudem wurden die Raumanzüge der vier Crewmitglieder angepasst und es gab Übungen für die Gruppendynamik, etwa ein Seekajak-Training in Alaska. Rogge sagte in einem Interview vor wenigen Monaten. “Sieben Tage in nasser Kleidung der Wildnis zu trotzen, hat uns schon zusammengebracht.”
Ins All hat Rogge unter anderem eine Gedenkmedaille an Flugpionier Otto Lilienthal (1848-1896) mitgenommen. Außerdem hat sie eine kleine Nachbildung der Freiheitsglocke des Rathauses Berlin-Schöneberg mitgenommen. In dem Bezirk ist sie geboren.
“Heute wurde Geschichte geschrieben”, sagte Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur. Der Flug sei ein wichtiges Signal, denn er zeige, dass astronautische Raumfahrt sowie wissenschaftliche Experimente und Technologieerprobungen zwischen privaten Akteuren und Forschungseinrichtungen umgesetzt werden könnten, ohne Steuergelder aufzuwenden.
Europas früherer Raumfahrtchef Jan Wörner warnte im rbb24 Inforadio davor, Raumfahrt für touristische Zwecke zu missbrauchen. Kommerzialisierung sei zwar die Zukunft der Raumfahrt, sagte der einstige Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (Esa). Aber jeder Raketenstart stelle eine Belastung der Umwelt dar. “Insofern hoffe ich, dass wir jetzt nicht anfangen, die Kreuzschifffahrt ins Weltall zu verlegen.”