Wie Donald Trump die Folgen seiner Zölle beschönigt

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Kanada hat als eines der ersten Länder Vergeltungsmaßnahmen für die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle beschlossen. Ministerpräsident Mark Carney kündigte an, dass seine Regierung einen Zoll von 25 Prozent auf US-amerikanische Autos erheben wird, die nach Kanada importiert werden und nicht dem Freihandelsabkommen zwischen Kanada, den USA und Mexiko unterliegen. Dadurch werden nach Berechnung der Regierung in Ottawa Einnahmen in Höhe von 8 Milliarden US-Dollar erzielt, die vollständig in den kanadischen Automobilsektor fließen werden. Die Autofertigung des Landes ist durch die Zölle in eine Krise geraten. Der Hersteller Stellantis lässt die Arbeit in einem Werk, das in Windsor Vans für den US-amerikanischen Markt produziert, für zwei Wochen ruhen. 4500 Arbeitnehmer sind vorübergehend freigestellt. Dazu kommen 900 Beschäftigte in US-amerikanischen Fabriken, die wegen der Produktionspause in Kanada ebenfalls vorübergehend nach Hause geschickt wurden. Stellantis lässt überdies die Arbeit in einem Werk in Toluca, Mexiko, während des kompletten Monats ruhen.

In den USA mehren sich unterdessen die Anzeichen, dass das Land in eine Rezession rutschen könnte. Ryan Sweet von Oxford Economics veröffentlichte eine Kurzanalyse, der zufolge sich die amerikanische Wirtschaft gefährlich nah an einer Rezession bewegt. Schwindende Kaufkraft der Verbraucher, schlechtere Kreditkonditionen und ein Zollumfeld, das Investitionen und Pläne für Einstellungen erstickt, benennt er die Risikofaktoren. Auf dem Wettmarkt Kalshi wetteten am Donnerstagnachmittag 55 Prozent der Anleger, dass die amerikanische Wirtschaft noch dieses Jahr von einer Rezession erfasst wird. Dafür muss in zwei aufeinander folgenden Quartalen die Wirtschaftsleistung schrumpfen. Auch am Arbeitsmarkt zeigen sich erste Zeichen der Schwäche. Die Zahl der Arbeitslosenhilfe-Empfänger ist auf den höchsten Wert seit 2022 geklettert.

Die dramatischen Einbrüche an der Börse sind laut Trump kein Grund zur Beunruhigung. „Die Märkte werden boomen“, sagte er Reportern im Weißen Haus, als er sich für das Wochenende auf den Weg nach Florida machte. „Ich denke, es läuft sehr gut“, antwortete Trump auf eine Frage zu seinen Zöllen. Vizepräsident JD Vance sagte in einem Interview am Donnerstag, dass die von Trump angestrebten Steuersenkungen kein Ausgleich für die Zölle seien, sondern den Verbrauchern helfen würden, die „Kosten der Inflation“ zu bewältigen.

Ökonomen kritisieren Trumps Zölle in ungewöhnlicher Schärfe

Experten erwarten, dass Trumps historische Zölle die Preise für US-Haushalte erhöhen und das Wirtschaftswachstum dämpfen werden. Auf die Frage nach möglichen Preissteigerungen sagte Vance, das Weiße Haus arbeite an der „größten Deregulierung in der Geschichte dieses Landes“. Er bitte um Verständnis dafür, „dass wir die Dinge nicht über Nacht in Ordnung bringen werden“. Aber am Ende würden die Menschen die Deregulierung im Geldbeutel spüren. Die Arbeitsplätze der Amerikaner würden sicherer, weil „das Ausland uns nicht mehr ausnutzen kann“, so Vance in der Fernsehsendung Fox & Friends.

Zu den ungewöhnlichen Entwicklungen des Tages gehört, dass nicht nur die Aktienkurse einbrachen, sondern auch der Dollarkurs stark nachgab. Gewöhnlich steigt der Dollar, wenn die US-Regierung Handelsbarrieren errichtet. Der Ökonom Greg Mankiw führte das Nachgeben des Dollar-Kurses darauf zurück, dass die Politik das Vertrauen der Anleger in die US-Wirtschaft geschwächt hat. Das sei auch der Grund, warum der US-Aktienmarkt im Vergleich zu den Aktienmärkten im Ausland an Wert verliere.

Ökonomen kritisieren Trumps Zölle generell in ungewöhnlicher Schärfe. „Wenn eine Regierung, der ich angehörte, eine Wirtschaftspolitik eingeführt hätte, die so völlig unfundiert durch ernsthafte Analyse oder so gefährlich und schädlich war, wäre ich aus Protest zurückgetreten“, teilte Harvard-Professor Larry Summers auf X mit. Er war unter Bill Clinton Finanzminister und diente Barack Obama als Chefberater. Es sei nun klar, dass die Trump-Regierung die reziproken Zölle berechnet habe, ohne Zolltarifdaten zu verwenden. „Für die Wirtschaft ist das so wie der Kreationismus für die Biologie, die Astrologie für die Astronomie“, so Summers weiter. Die Zollpolitik von Trump ergebe wenig Sinn, selbst wenn man an protektionistische merkantilistische Wirtschaft glaube.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, nannte die Zölle ein „erhebliches Risiko“ für die Weltwirtschaft. Sie stellten in einer Zeit schwachen Wachstums „eindeutig ein erhebliches Risiko für die globalen Aussichten“ dar, erklärte Georgieva am Donnerstag. Es sei nun wichtig, Schritte zu vermeiden, die der Weltwirtschaft weiteren Schaden zufügen könnten.

Die Rücksichtslosigkeit der Trump-Zölle zeigt sich auch darin, dass mit Lesotho eines der ärmsten Länder der Welt mit einem der höchsten Zölle belegt wurde. 50 Prozent verlangen die USA von dem Land, das auf den Export von Diamanten und Textilien angewiesen ist. Die Zollerhöhung werde „erhebliche sozioökonomische Folgen für die Wirtschaft Lesothos haben“, so das Handelsministerium des Landes. Der südafrikanische Industrieminister Parks Tau drückte es noch deutlicher aus: Trumps Zölle würden „Lesotho buchstäblich zerstören“, sagte er in einer Radioansprache.