Ob Donald Trump sich das so vorgestellt hat? Als der amerikanische Präsident in der vergangenen Woche den „Liberation Day“ ausgerufen hat, stellte er seinen Landsleuten dies in Aussicht: „Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die amerikanische Industrie wiedergeboren wurde, als der Tag, an dem Amerika sein Schicksal zurückerobert hat, und als der Tag, an dem wir begonnen haben, Amerika wieder reich zu machen.“
Bislang hat sich das Zollpaket, mit dem er nun die ganze Welt überzieht, als das genaue Gegenteil dessen herausgestellt – es vernichtete Hunderte Milliarden Dollar Vermögen rund um den Globus, gerade auch in den Vereinigten Staaten, wo nicht zuletzt die Alterssicherung vieler Menschen stark von der Börsenentwicklung abhängt, deutlich stärker als andernorts; investiert sind an der Wall Street nicht nur eine Handvoll vermögender Hedgefonds-Manager und Großbankenmanager.
Deshalb dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass die zornig wirkenden, aber eher verzweifelt anmutenden Durchhalteparolen lange ziehen werden, die Trump am Wochenende verbreitete. Die Amerikaner achten traditionell sehr genau darauf, ob ein Präsident ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert oder nicht. Mehr als das amerikanische Engagement fernab der Heimat ist für sie meist wahlentscheidend, wie teuer die Lebensmittel im Supermarkt, das Benzin an der Tankstelle und die Autos im Autohaus sind. Und auch, wie sich der Wert ihrer Depots an der Börse entwickelt. Von einem deutschen Kanzler ist nicht überliefert, dass er sich während eines Wahlkampfes damit gerühmt hätte, dass in seiner Amtszeit der Dax zugelegt hat – amerikanische Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten werben demgegenüber sehr offensiv damit.
Musk und Ackman kritisieren Trump
All das, die Börsenkurse und die Preise für Dinge des täglichen Bedarfs, gefährdet Trump mit den Zöllen, die er schon in Kraft gesetzt oder in Aussicht gestellt hat. Die Anleger rund um den Globus preisen inzwischen einen echten wirtschaftlichen Schock ein, dass beispielsweise der Dax mit einem Minus von zehn Prozent in eine Woche startet, kommt sehr selten vor – dass amerikanische Leitindizes an einem Handelstag (wie am vergangenen Freitag) um fünf Prozent nachgeben, ebenfalls. Das sind keine kleinen Rücksetzer.
Ihre tendenziell schrumpfende Hoffnung setzen Politiker, Fachleute und professionelle Anleger darauf, dass Trump es womöglich nicht so gemeint hat. Dass er die Zölle letztlich vielleicht doch nur als Verhandlungsmasse einbringt, um lohnende „Deals“ abzuschließen und alsbald darum schon wieder zurücknimmt. Doch wie glaubhaft ist das? Ist es realistisch, dass ausgerechnet diese Regierung in Washington, die Maßnahmen mit einer andere Länder teilweise extrem beleidigenden und überaus selbstbewussten Wortwahl verbindet, schnell zurückrudert? Eher nicht. Und dies übrigens auch, weil das gerade jetzt (zu Recht) den Anschein erwecken würde, dass Trump klein beigegeben hätte, unmittelbar nachdem Peking zum Gegenschlag ausgeholt hat – China verkündete bekanntlich seinerseits am Freitag hohe Zölle für Einfuhren aus Amerika.
Aufhorchen lässt indes, dass nun durchaus prominente Stimmen laut werden auch aus dem Lager, das Trump bislang auf seiner Seite hatte und das ihm half, an die Macht zurückzukommen. Der Hedgefonds-Manager und erklärte Trump-Unterstützer Bill Ackman warnte eindringlich vor den neuen Zöllen und warb dafür, sie unbedingt aufzuschieben oder ganz bleiben zu lassen. „Wenn wir dies nicht tun, besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft aufgrund der massiv gestiegenen Unsicherheit in eine möglicherweise schwere Rezession gerät“, äußerte er. Die beiden Hedgefonds-Manager Stanley Druckenmiller und Ray Dalio ließen sich ähnlich vernehmen. Besonders brisant ist zudem, dass wiederum ausgerechnet der enge Trump-Vertraute und -Mitarbeiter Elon Musk dafür wirbt, im Prinzip alle Zölle zwischen Europa und den Vereinigten Staaten abzuschaffen und eine große Freihandelszone einzurichten. Das kann Trump nicht recht sein, auch wenn er öffentlich das Gegenteil behauptet – nicht so kurz nach seiner Ankündigung.
Weniger Zölle und anderweitige Handelsbarrieren wären für die Vereinigten Staaten und Europa langfristig vorteilhaft, wenn sie von einer geeigneten Finanz- und Sozialpolitik begleitet werden, darüber sind sich nahezu alle namhaften Fachleute einig. Donald Trump beschreitet nun einen anderen Weg. Wie Deutschland damit umgehen soll, hat der scheidende Wirtschaftsminsiter Robert Habeck (Grüne) schon in der vergangenen Woche klarer als alle anderen deutschen Politiker erklärt: „Was ich sehe, ist, dass Donald Trump unter Druck einknickt, unter Druck seine Ansagen korrigiert. Die logische Konsequenz ist: Dann muss er den Druck auch spüren. Und dieser Druck muss jetzt entfaltet werden von Deutschland aus, von Europa aus in der Allianz mit den anderen Ländern. Und dann werden wir gucken, wer bei diesem Armdrücken der Kräftigere ist. Aber es gewähren lassen (…), das wird auf keinen Fall erfolgreich sein.“