In Ägypten hat die Hotellerie massive Fortschritte gemacht und ist auf dem höchsten Standard angelangt. Wir eröffnen im April zwei neue Hotels mit sehr großen Pools, dazu Meerblick und Zimmern mit bis zu 50 Quadratmetern. Das ist sehr viel Komfort – und das zu einem relativ günstigen Preis.
Für niedrigere Preise nimmt der Urlauber höhere Temperaturen hin?
Das ist zu stark vereinfacht. Die sehr hohen Hotel- und Servicestandards sind der Hauptgrund, warum Ägypten – neben der Türkei – zu den Gewinnern zählt. Wenn es doch mal sehr warm wird, setzt man sich in den Schatten oder klimatisierte Innenräume und verlagert Aktivitäten wie Sport an den Tagesrand.
Wie entwickeln sich die Reisepreise. Wird es 2025 noch mal teurer?
Wir sehen einen leichten Anstieg, im Schnitt nicht mehr als die allgemeine Inflation. In Hotels ist zuletzt viel investiert worden. Die Urlauber erhalten eine höhere Qualität als vor einigen Jahren.
Und die buchen auch eifrig?
Die Frühbucherphase ist stark angelaufen. Für Dertour in Deutschland sehen wir in der aktuellen Sommersaison 20 Prozent mehr Umsatz und 15 Prozent mehr Kunden als vor einem Jahr. Das finde ich herausragend, denn wir hatten schon 2024 ein Umsatzwachstum von 33 Prozent und ein Gästeplus von 21 Prozent.
Am Urlaub wird nicht gespart, in anderen Lebensbereichen schon. Warum?
In der Pandemie haben viele gemerkt, wie wichtig ihnen Reisen sind. Dazu kommt, dass sich die Wertschätzung von materiellen Gütern zu Erlebnissen verschiebt. Urlaub steht in der Rangfolge der Konsumpräferenzen auf Platz zwei nach Lebensmitteln.
Ist die Reiselust ein deutsches Phänomen?
Nein, die Reiselust – ebenso wie den Trend zu höherwertigen Urlauben – sehen wir auch in anderen europäischen Märkten. Ein Beispiel: In Deutschland ist bei uns der Anteil der Buchungen mit Fünf-Sterne-Hotels auf mehr als ein Drittel gewachsen. Dennoch haben Kunden aus Osteuropa in diesem Punkt die Deutschen überholt. Dort sind Wirtschaft, Bruttoinlandsprodukte und Pro-Kopf-Einkommen stärker gewachsen.
Keineswegs. Ich rechne damit, dass das Pauschalreisegeschäft in diesem Jahr den Gästestand von 2019 übertrifft. Es hat lange den Trend gegeben, mehr Urlaube mit einzeln gesuchten Flügen und Hotels selbst zu organisieren. Der ist gebrochen.
Viele Kunden verstehen unter Pauschalreise ein Massenprodukt.
Früher meinten sie Hotel, Flug, Transfer im Bündel. Heute kann der Kunde sehr viel flexibel dazubuchen, anpassen und Bausteine individuell kombinieren. Statt eines einheitlichen Standardpakets entsteht so eine individuelle Reise. Aber natürlich haben wir auch das Vier-Sterne-All-inklusive-Hotel in der Türkei, das wir nicht nur einmal im Jahr verkaufen, im Sortiment. Die Wahrnehmung der Pauschalreise ist ein wenig angestaubt. Pauschalreise ist aber vielmehr sexy. Sie erlebt eine Renaissance. Aus guten Gründen.
Neben Flexibilität und Individualität zunächst die Sicherheit, Zahlungen sind gegen die Insolvenz des Anbieters geschützt. Dazu kommt der Sich-kümmern-Aspekt. Pauschalurlauber haben vor Ort einen Ansprechpartner, falls etwas passiert oder nicht stimmt.
Lange hieß es, Pauschalbuchungen seien günstiger. Gilt das noch?
Ja, wir kaufen große Kapazitäten sehr früh ein und erzielen Kostenvorteile. Das funktioniert im Kontakt mit Hoteliers sehr gut. Sie können darauf bauen, dass wir ihnen Gäste bringen. Und wir leisten Vorauszahlungen, damit sich Hotels mit Renovierungen auf den Sommer vorbereiten können. Trotzdem können wir Vergünstigungen an Kunden weitergeben. Die belaufen sich auf etwa zehn Prozent, für Frühbucher oft auch bis zu 50 Prozent.
Wenn es einen Preisvorteil gibt, warum beklagen Reiseanbieter Nachteile durch eine teure Absicherung über den Deutschen Reisesicherungsfonds?
Diese Kosten führen dazu, dass unser Vorteil schmilzt. Reiseveranstalter müssen ein Prozent ihres Umsatzes abführen und eine Versicherung bezahlen – auch wir. Dabei sind wir mit unserer finanziellen Ausstattung und dem Mutterkonzern Rewe im Rücken eine touristische Gruppe mit sehr hoher Sicherheit. Die deutsche Kundengeldabsicherung ist die teuerste in ganz Europa. Das ist ein Nachteil gegenüber Onlineplattformen, die für Zimmer- und Flugbuchungen keine Sicherheiten stellen müssen. Das können wir nicht so beibehalten.
Dertour galt mal als schlafender Riese der Touristik. Wann ist der aufgewacht?
Wir waren immer wach. Aber der Riese ist aufgestanden und zeigt seine Größe. Wir haben viel getan, um unsere Wertschöpfung, die sehr verteilt war, stärker zu bündeln. Dass wir Dertour zur Dachmarke für die in 16 Ländern aktive Gruppe gemacht haben, unterstreicht das. Wir beschäftigen international mehr als 10.000 Experten, haben rund 2.000 Reisebüros. Die Hotelsparte ist auf über 120 Hotels unserer Eigenmarken gewachsen. Und wir haben eines der größten Netzwerke eigener Agenturen vor Ort, die Gäste an ihrem Urlaubsort betreuen. Wir begleiten Kunden von der Inspiration über die Buchung bis nach der Heimkehr – im Gegensatz zu Portalen, die nur die Buchung bekommen wollen.
Die Reihe Ihrer Zukäufe ist lang: Aldiana-Clubs, Aja- und Arosa-Hotels, zuletzt der Schweizer Wettbewerber Hotelplan. Warum dieser Hunger?
Mit Hotelplan bauen wir unsere Präsenz in der Schweiz, Deutschland und Großbritannien aus. Über eine gemeinsame Buchungsplattform können wir mehr Reisevielfalt produzieren. Außerdem bringt Hotelplan viele Spezialisten für besondere Urlaubsdestinationen mit. Das ergänzt unsere Spezialreiseanbieter gut, die stärker auf besondere Urlaubsinteressen spezialisiert sind – von Tauchurlauben bis zu Golfreisen.
Geht die Einkaufstour weiter?
Der Hotelbereich steht nun im Mittelpunkt. Dort haben wir immer Interesse. Das gilt auch für Spezialreiseanbieter. Wir kaufen aber nicht, um den Markt zu konsolidieren, sondern um mit neuen Partnern gemeinsam Wachstum zu schaffen.
Dafür ist Geld nötig. Hat die Touristik im Rewe-Konzern mehr Bedeutung als früher?
Wir sind neben dem Handel das zweite Kerngeschäft. Und die Rewe-Gruppe ist ein profitables und erfolgreiches Wachstumsunternehmen. Das gibt Rückenwind, wenn es um Investitionen geht. Aber zuletzt sind wir mehr organisch gewachsen als durch Zukäufe.
Welches Ziel haben Sie für die Hotelsparte? TUI hat sein Konzernziel von 400 auf 600 Standorte hochgeschraubt.
Ich will nicht der Ankündigungsweltmeister sein. Ein zusätzliches Hotel muss zu uns passen und für uns Chancen bieten. Dass wir die ergreifen, haben wir in den Pandemiejahren bewiesen. Als andere sich zurückhielten, haben wir Aldiana übernommen und die frühere Thomas-Cook-Linie Sentido ausgebaut. Und es geht weiter. 2025 wachsen wir allein mit unserer Marke Ananea um fünf Häuser, Sentido hat nun mehr als 40 Standorte.
Es gibt Hunderte Ferienhotelnamen. Merken sich Urlauber ihre Marken überhaupt?
Das Hotel ist für den Urlaub zentral. Im Zweifel merkt sich der Reisende sogar eher das Hotel als den Reiseveranstalter. Wenn es darum geht, Kunden mit speziellen Vorlieben gezielt anzusprechen, brauchen wir Marken mit Alleinstellungsmerkmal. Bei Aldiana weiß der Urlauber, dass er ein modernes, junges Premiumclubkonzept erlebt mit Sportmöglichkeiten und Speisen auf hohem Niveau. Wir haben viele Stammgäste, die nach und nach Aldiana-Clubs in unterschiedlichen Ländern ausprobieren.
Unter den zusätzlichen Hotels sind viele in Deutschland. Wie passt das zum Reiseveranstaltergeschäft, in dem es viel ums Mittelmeer geht?
Unsere Angebotspalette ist breiter als die von anderen. Wir haben mehr Fernreisen, und ich bin mir sicher, dass wir mit Inlandsurlauben Marktführer unter den Reiseveranstaltern sind. Dazu passen deutsche Hotels wunderbar. Mit der Mehrheitsübernahme der DSR-Gruppe haben wir 34 Hotels unter Namen wie Arosa und Aja sowie besondere Einzelhäuser wie das Louis C. Jacob in Hamburg an Zielen dazubekommen, die Urlauber per Auto oder Zug erreichen.
Hat man sich bei Pauschalreisen zu lange auf Sonne-und-Strand-Urlaube am Mittelmeer fokussiert?
Dort befinden sich weiter die am stärksten gebuchten Ziele. Wir haben aber das Angebot deutlich erweitert. Es gibt längst die Städtetour oder die Rundreise durch Laos als Pauschalreise.
Kann das Pauschalreiseprinzip, das für Mallorca und Kreta funktioniert, mit Usedom und Norderney gelingen, dann mit Anreise per ICE statt per Flug?
Wir haben dazu gerade mit der Bahn zusammengesessen. Ich sehe da große Chancen. Wer mich kennt, weiß, dass ich wenig Auto fahre und auf Geschäftsreisen nach Möglichkeit mein Faltrad im Zug mitnehme, um direkt zum Termin zu radeln. Im Urlaub ist nicht mal das nötig. Unser Arosa-Hotel in Travemünde steht so nah am Bahnhof, dass der Urlauber zu Fuß gehen kann. Es sind nur 200 Meter.
Hotelkonzerne besitzen kaum Immobilien, Sie kaufen Häuser. Warum?
Pachtverträge enden und müssen dann neu verhandelt werden. Einige Hotels wollen wir aber nicht wieder abgeben. So haben wir eine Immobilie in Süditalien in Tropea erworben: eine einzigartige Lage, für die man wohl nie mehr eine Baugenehmigung erhält. In Andalusien haben wir die Immobilie des Aldiana-Clubs erworben – am wohl schönsten Strand Europas. Das sind Standorte mit Alleinstellungsmerkmal. Insgesamt achten wir auf eine Mischung aus Pacht, Management und Eigentum.
Exklusive Hotels erfordern Investitionen. Andere Anbieter ohne solche Hotels werben nun mit 50 Euro Anzahlung für den Urlaub, Sie verlangen 20 Prozent des Gesamtpreises. Ein Nachteil?
Das sehe ich nicht so. Es gibt viele Hotels, aber nur wenige mit Alleinstellungsmerkmal, die binden wir enger an uns.
Honoriert der Urlauber das?
Wir sind nicht teurer als andere Anbieter. Und der Kunde schaut auf den Gesamtpreis – weniger darauf, wann er wie viel anzahlt. Urlaubern werden Qualität, Individualität und ein zentraler Ansprechpartner wichtiger. Deshalb legen wir gerade zu, und deshalb sinkt der Anteil selbst organisierter Reisen, während Pauschalreisen wachsen.