Rund um die Veröffentlichung von Angela Merkels Memoiren im November 2024 sind mehrere kritische Biographien der Ex-Kanzlerin erschienen, die sich im Inhalt – bei großen Differenzen im Ton – nicht sehr unterscheiden. Eckart Lohse, der Berliner Büroleiter der F.A.Z, fasst sein Urteil über Merkels Politikstil so zusammen: „Sie legt sich nicht fest, wartet ab, steuert nach, schaut, wohin sich der Wind dreht.“ Der Autor Martin Heipertz nennt das im Politologenjargon „Inkrementalismus“. In einem ebenfalls im Herbst erschienenen Buch mit dem albernen Titel „Merkelismus – die hohe Kunst der flachen Politik“ vertritt er die These, dass Merkels zögerlicher Stil schon die Eurokrise bestimmte – und sie im Ergebnis verschlimmerte. Der Befund ist weder neu noch originell, und er trifft mindestens teilweise zu. Verwundern muss aber die Einseitigkeit, mit der Heipertz Merkel für alle Politikfehler während der Eurokrise verantwortlich macht und zugleich seinen damaligen Dienstherrn Wolfgang Schäuble in etwas sehr hellem Licht scheinen lässt.