Donald Trump ist offenbar bereit, mit Japan über die angekündigten Strafzölle zu verhandeln. Nach einem Telefongespräch zwischen dem japanischen Ministerpräsidenten Shigeru Ishiba und Trump am späten Montagabend japanischer Zeit gab der amerikanische Finanzminister Scott Bessent bekannt, dass er mit dem Land Handelsverhandlungen aufnehmen solle. Der Minister kündigte seine eigene Ernennung in einem Beitrag auf der Plattform X an und schrieb, dass Trump ihn sowie den US-Handelsbeauftragten dazu aufgefordert habe, „Verhandlungen zu eröffnen, um die Vision des Präsidenten für das neue goldene Zeitalter des globalen Handels” mit Japan umzusetzen.
Auf der Agenda sollen sowohl Zölle als auch der Wechselkurs der beiden Währungen Dollar und Yen stehen – was die Rolle des Finanzministers in den Verhandlungen erklärt. Trump hatte Japan in den vergangenen Monaten wiederholt vorgeworfen, seine Währung gegenüber der amerikanischen künstlich niedrig zu halten und so die eigene Exportwirtschaft zu fördern. Die Regierung in Tokio gab am Dienstag bekannt, dass Wirtschaftsminister Ryosei Akazawa für ihre Seite verhandeln solle.
Ishiba und Trump hatten am Montagabend von neun Uhr japanischer Zeit an für etwa eine halbe Stunde telefoniert. Darin hatten sich beide darauf verständigt, Gespräche auf Ministerebene aufzunehmen, wie Ishiba nach dem Telefonat gegenüber Reportern in Tokio sagte. Während des Telefonats habe er seine „große Besorgnis“ darüber geäußert, dass der am Mittwoch von Trump angekündigte Zoll von 24 Prozent die Fähigkeit japanischer Unternehmen einschränken werde, in den USA zu investieren. Er habe Trump dazu aufgefordert, diesen Zoll zu überdenken.
Größter ausländischer Investor in den USA
Trump hat dennoch mehrfach das Handelsbilanzdefizit kritisiert. Am Dienstag schrieb er auf seiner eigenen Plattform Truth Social über Japan: „Sie haben die USA im Handel sehr schlecht behandelt. Sie nehmen unsere Autos nicht, aber wir nehmen Millionen ihrer Autos.“ Zu dem Gespräch mit Ishiba schrieb er: „Länder aus aller Welt sprechen mit uns. Harte, aber faire Rahmenbedingungen werden gesetzt. Habe heute Morgen mit dem japanischen Premierminister gesprochen. Er schickt ein Top-Team zum Verhandeln!“
Ishiba sagte in Tokio, dass er vorgeschlagen habe, dass die beiden Länder einen „umfassenden Ansatz für die Zusammenarbeit, von dem beide Seiten profitieren, unter anderem durch die Ausweitung von Investitionen, anstelle von einseitigen Zöllen“ finden sollten. Während eines Besuchs in Washington in Februar, kurz nach Trumps Amtseinführung, hatte Ishiba dem Präsidenten zudem eine umfassende Zusammenarbeit der beiden Länder in einem Förderprojekt von Flüssiggas im US-Bundesstaat Alaska sowie die Abnahme großer Mengen des Energieträgers zugesagt. Ishiba bekräftigte, dass er zu einem möglichst baldigen geeigneten Zeitpunkt abermals nach Washington reisen wolle.
Auch militärisch von Washington abhängig
Für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, die in hohem Maße vom Export abhängt, sind die angekündigten Zölle das „schlimmstmögliche Szenario“, wie ein Analyst der Großbank Nomura es ausdrückte. Für viele der wichtigsten Konzerne des Landes wie Toyota, Honda und Nissan stellen die Vereinigten Staaten den größten Absatzmarkt dar. Insgesamt exportierte Japan im vergangenen Jahr Waren im Wert von 21 Billionen Yen (136,5 Milliarden Euro) in die USA. Dicht darauf folgt China als zweitwichtigster Handelspartner mit Waren im Wert von 19 Billionen Yen (123 Milliarden Euro).
Entsprechend heftig waren die Aktienkurse an der Tokioter Börse infolge der unerwartet hohen angekündigten Zölle ab. Neben den Autowerten verloren auch Technologiewerte wie Sony und Nintendo zweistellig an Wert. Der Börsenindex für japanische Bankaktien verlor innerhalb von drei Handelstagen fast ein Drittel an Wert. Ishiba sprach im Parlament von einer „nationalen Krise“. Am Dienstag nach dem Bekanntwerden der Nachverhandlungen stieg der japanische Leitindex Nikkei 225 um bis zu 6 Prozent an.
Neben der wirtschaftlichen Bedeutung ist Japan auch militärisch in hohem Maße von den USA abhängig. Die Amerikaner dienen mit rund 50.000 Soldaten auf mehreren großen Stützpunkten im Land als Schutzmacht der freiheitlich und demokratisch organisierten Volkswirtschaft gegenüber den gemeinsamen Systemfeinden China, Russland und Nordkorea in der Nachbarschaft. Japans eigenen militärischen Fähigkeiten sind begrenzt – auch weil die Amerikaner eine umfassende Aufrüstung seit dem Zweiten Weltkrieg unterbunden haben.