Migration im Koalitionsvertrag: Merz kündigt Rückführungsoffensive an

9

Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen. CDU, CSU und SPD haben sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, dass der Familiennachzug für diesen Personenkreis nur noch in Härtefällen erlaubt sein soll. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor, den die drei Parteien am Mittwoch in Berlin vorgestellt haben. Derzeit gilt für die Angehörigen von Menschen mit subsidiärem Schutzstatus ein Kontingent von 1.000 Einreiseerlaubnissen pro Monat.

Man werde einen „neuen Kurs“ in der Migrationspolitik einschlagen, sagte CDU-Chef Friedrich Merz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Es werde Kontrollen an den Staatsgrenzen und Zurückweisungen auch gegenüber Asylbewerbern geben. Im Koalitionsvertrag heißt es wie schon im Sondierungspapier, Zurückweisungen sollen „in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn“ erfolgen. Die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen war einer der zentralen Streitpunkte in der Migrationspolitik der vergangenen Jahre.

Darüber hinaus wollen Union und SPD die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen senken. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, soll das zur Mitte der Legislatur passieren, also in etwa zwei Jahren. Details nennen die Parteien allerdings nicht. Der Solidaritätszuschlag soll unverändert bestehen bleiben. Einkommensstarke Bürger und Unternehmen müssen die Sonderabgabe zur Finanzierung der Wiedervereinigung also weiterhin zahlen. Alle drei Parteien müssen dem Vertrag allerdings noch zustimmen.

Keine Wehrpflicht geplant

Trotz der Bedrohung durch Russland will die neue Regierung die Wehrpflicht zunächst nicht wiedereinführen. „Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“, heißt es im Koalitionsvertrag. „Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell. Wir werden noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen“, heißt es weiter. Dies orientiert sich an dem von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bereits vorgeschlagenen Vorgehen. Männer und Frauen werden angeschrieben und können sich freiwillig melden. Das Modell von Pistorius sieht vor, dass nur Männer antworten müssen. Die Wehrpflicht, die derzeit ausgesetzt ist, gilt laut Grundgesetz bisher ohnehin nur für Männer.

Die Ausgaben für Verteidigung sollen erhöht werden, eine bestimmte Quote von der Wirtschaftsleistung wird aber nicht vorgegeben. „Die Ausgaben für unsere Verteidigung müssen bis zum Ende der Legislaturperiode deutlich und stringent steigen”, heißt es. „Die Höhe unserer Verteidigungsausgaben richtet sich nach den in der Nato gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen.“

Um den Kauf von Rüstungsgütern zu erleichtern, soll es ein Beschleunigungsgesetz zur Beschaffung geben. Das Genehmigungs- und Vergaberecht soll vereinfacht werden.

Cannabisgesetz soll überprüft werden

In der Drogenpolitik wollen die Koalitionäre die von der Ampelkoalition beschlossene Legalisierung von Cannabis für Erwachsene überprüfen – eine Rücknahme wurde aber nicht im Koalitionsvertrag festgeschrieben. „Im Herbst 2025 führen wir eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis durch“, heißt es im Koalitionsvertrag. Eine erste Evaluierung sieht das geltende Gesetz bereits vor.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar kam die Union auf 28,5 Prozent, das zweitniedrigste Ergebnis für CDU/CSU seit 1949. Die SPD kam auf 16,4 Prozent, ihr historisch schlechtestes Ergebnis.

Bereits vor den Koalitionsverhandlungen hatten sich Union und SPD mit Unterstützung der Grünen auf eine Grundgesetzreform der Schuldenregeln verständigt. Der Bund kann einen Ausgabentopf von bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz auflegen und zusätzlich mehr Geld für die Verteidigung ausgeben.