China und Amerika eskalieren den Handelskrieg

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Der Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt eskaliert noch stärker. China erhöht die Zölle auf amerikanische Einfuhren um weitere 50 Prozentpunkte. Das gab das Finanzministerium am Mittwoch in Peking bekannt. Damit reagiert die chinesische Regierung auf die zusätzlichen US-Zölle auf Einfuhren aus der Volksrepublik in Höhe von 50 Prozent, die am Mittwoch in Kraft getreten waren.

Die Zollerhöhungen der USA seien „ein Fehler nach dem anderen“, heißt es in der Mitteilung. Die neuen Zölle Pekings auf US-Einfuhren betragen nun 84 Prozent. Zudem ging die Regierung gegen einzelne Unternehmen vor, wie das Handelsministerium mitteilte. Sechs weitere Unternehmen wurden auf eine Liste unzuverlässiger Entitäten gesetzt. Diese dürfen der Mitteilung zufolge keine Investitionen in China tätigen und weder in die Volksrepublik importieren noch von dort exportieren. Zwölf weitere US-Unternehmen fanden sich auf einer Exportkontrollliste wieder, an die keine Güter geliefert werden dürfen, die auch für militärische Zwecke genutzt werden.

Die Regierungen in Washington und Peking rasen damit ungebremst aufeinander zu. Die Zölle sind auf dem höchsten Niveau seit einem Jahrhundert. Mit Bekanntgabe der Mitteilungen verloren die globalen Aktienmärkte weiter an Wert, bis zum Nachmittag gab der Dax vier Prozent nach.

Die chinesische Regierung hatte zuvor ein Weißbuch veröffentlicht, in dem sie sehr ausführlich auf die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA einging. Diese wurden dort als für beide Seiten vorteilhaft dargestellt. Manche hatten das als Entgegenkommen gedeutet. Kurz darauf folgte der Gegenschlag. Parallel dazu hat die Regierung in Peking ein Krisentreffen einberufen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Man arbeite an Maßnahmen, um die heimische Nachfrage zu stützen, die den wegfallenden Export auffangen soll. Zudem sollten die Finanzmärkte gestützt werden.

Trump beleidigt Regierungschefs

Zuvor hatte Donald Trump – der eine Neuausrichtung der Welthandelsordnung vorantreibt – Spekulationen über eine Verschiebung der Zölle zurückgewiesen. Die teils dramatischen Kursverluste an den Börsen scheinen ihn bislang wenig zu beeindrucken. Zusätzlich zu den bereits seit Samstag geltenden Importzöllen in Höhe von zehn Prozent, die nahezu alle Länder treffen, kommen für knapp 60 Länder nun zum Teil deutliche Aufschläge. Importe aus der Europäischen Union werden insgesamt mit 20 Prozent belastet, aufstrebende asiatische Produktionsstandorte wie Vietnam und Kambodscha trifft es besonders hart mit Zöllen von 40 Prozent und mehr. In Trumps Fokus steht allerdings China, das in mehreren Wellen getroffen wird.

Der Präsident hatte Einfuhren aus China bereits wegen der Mitwirkung am Fentanylschmuggel mit 20 Prozent belegt. Dazu kam ein 34-Prozent-Aufschlag, den das Weiße Haus als reziproke Vergeltung für das Handelsbilanzdefizit ansieht. Nachdem China seinerseits mit Vergeltungszöllen reagiert hatte, eskalierte Trump den Konflikt mit einem zusätzlichen Aufschlag von 50 Prozent, sodass Einfuhren aus China allein wegen der neuen Zölle mit 104 Prozent belastet werden, zu denen sich zum Teil noch alte Zölle addieren. Dazu kommt, dass Ausnahmeregeln für Produkte im Wert von weniger als 800 Dollar aufgehoben und durch hohe Abgaben ersetzt wurden, sodass Händler wie Shein und Temu in den USA keine Zukunft mehr haben.

Unternehmer und Politiker in der ganzen Welt sind zusätzlich verunsichert, weil sie nicht wissen, ob die Zölle auf Dauer angelegt sind oder verhandelbar. Wichtige Akteure im Weißen Haus und im Kabinett machten dazu unterschiedliche Angaben. Nach Angaben der Regierung haben inzwischen mehr als 70 Länder Vorstöße unternommen, um über die Zölle zu verhandeln. Trump sagte dazu in despektierlichem Ton, dass Staats- und Regierungschefs der Welt in Panik geraten seien und ihm „den Arsch küssen“, um die Abgaben zu senken. Verhandlungen finden laut Trump mit Japan und Südkorea statt.

Adidas liefert vorerst nicht in die USA

Die neuen Zölle haben unmittelbare Auswirkungen auf die globalen Handelsströme. In Vietnam, das mit einem Zoll in Höhe von 46 Prozent mit am härtesten getroffen ist, haben unter anderem Produzenten wie Adidas ihre Ausfuhren in die USA am Mittwoch gestoppt. Viele deutsche Exporteure hätten bis zu dem Tag „noch so viel Ware wie möglich verschifft und dann nichts mehr“, sagte Peter Kompalla, Chef der deutschen Auslandshandelskammer in Ho Chi Minh Stadt, der F.A.Z.

Nun würden viele Unternehmen abwarten, ob die vietnamesische Regierung in Washington den Zoll herunterverhandeln könne. Dieser wird auf den bereits bestehenden Zoll für Exporte in die USA in Höhe von 20 Prozent aufgeschlagen. Unter den Unternehmen gebe es „viel Unsicherheit“, sagte Kompalla. Adidas lässt in 15 Fabriken in Vietnam 27 Prozent seiner Waren produzieren, so viel wie in keinem anderen Land. Bei Schuhen stellt das Land sogar einen Anteil von 39 Prozent. Etwa ein Viertel der Adidas-Produktion aus Vietnam geht Schätzungen zufolge in die USA. Der deutsche Wettbewerber Puma stellt in Vietnam 26 Prozent seiner Produkte her. Der amerikanische Hersteller Nike bezieht die Hälfte seiner Schuhe aus Vietnam.