Wer sich heute für eine Reise zu einem wichtigen Termin in einer anderen Stadt für die Fahrt mit der Deutschen Bahn entscheidet, gilt als mutig – oder naiv. Viel zu häufig sind Züge verspätet oder fallen ganz aus. Eine zuverlässige Zeitplanung ist so kaum möglich. Dass sich mit Blick auf Verlässlichkeit und die eigene Unabhängigkeit mehr Menschen für das Verkehrsmittel Auto entscheiden, legt die aktuelle Mobilitätsstudie des Versicherers HUK-Coburg nahe, die der F.A.Z. exklusiv vorab vorliegt. Im Rahmen der Erhebung wurden von Ende Januar bis Mitte Februar 2025 in ganz Deutschland 4222 Personen ab einem Alter von 16 Jahren befragt.
In der Frage, welche Fortbewegungsmittel die Auswahlkriterien der Befragten in Zukunft am besten erfüllen werden, liegt das Auto mit 75 Prozent mit großem Abstand vorne. Bus und Bahn kommen nur auf 13 beziehungsweise 18 Prozent. Es ist der höchste Zuspruch für das Auto seit Beginn der regelmäßigen Studie 2021, damals waren es 69 Prozent. Einen möglichen Grund sehen die Studienautoren in dem sich verändernden individuellen Sicherheitsempfinden: Während es beim Autofahren zunimmt, geht es beim öffentlichen Nahverkehr und der Bahn zurück.
74 Prozent der Befragten fordern mehr Ausgaben für bessere Mobilität
Wichtig sind den Befragten bei der Auswahl der Verkehrsmittel daneben vor allem niedrige Kosten und Schnelligkeit (44 Prozent), Flexibilität (38 Prozent) und Verlässlichkeit (34 Prozent). Letztere wird zugleich als eines der größten Probleme eingeschätzt: Auf die Frage, was die größten Hemmnisse für Mobilität sind, rangiert die „mangelnde Verlässlichkeit bei der Zeitplanung zwischen Abfahrt und Ankunft“ mit 51 Prozent hinter „zu hohe Kosten“ (57 Prozent) auf dem zweiten Platz. Sicherheit liegt mit 28 Prozent an fünfter Stelle.
Gleichzeitig wird die Mobilität immer relevanter. 42 Prozent geben an, dass ihnen das Thema „wichtig“ oder „äußerst wichtig“ ist, und 44 Prozent wünschen sich einen höheren Stellenwert des Themas. 2024 waren es noch 40 beziehungsweise 36 Prozent. Die Frage, ob der Staat mehr Geld in den Ausbau der Infrastruktur für bessere Mobilität investieren sollte, auch wenn dies zulasten anderer Aufgaben geschehe, etwa im kulturellen oder sozialen Bereich, bejahten 74 Prozent der Befragten (Vorjahr: 62 Prozent).
Als wichtigsten Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Mobilität nennt der größte Teil der Umfrageteilnehmer das Schienennetz (38 Prozent). An zweiter Stelle folgt mit 23 Prozent das Straßennetz. Im Vorjahr lag der Wert bei 18 Prozent. Gewachsen ist der Studie zufolge auch die Zustimmung zur staatlichen Förderung von E-Autos. Während sich im Vorjahr lediglich 39 Prozent dafür aussprachen, steigt dieser der Wert jetzt auf 45 Prozent. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-Coburg, sagte, die Studie belege, dass Mobilität immer wichtiger wird, „neben der Kritik an den Kosten und der mangelnden Verlässlichkeit der Zeitplanung wird dabei der Ausbau des Straßennetzes zunehmend zum Thema“. Ein politisches Umsteuern sei damit jetzt definitiv angezeigt.