Alarmwerte überschritten: Elbtower-Bau schädigt Bahnanlagen

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Der Bau des Elbtowers, der im Kontext mit der Pleite des Immobilienunternehmers René Benko bei gut 100 Metern gestoppt wurde, hat offenbar schwerwiegende Folgen auf die Bahnanlagen in der Umgebung. Ohne „Kompensationsmaßnahmen“ an den Bahnanlagen und eine entsprechende Abnahme durch die Deutsche Bahn AG geht es jetzt jedenfalls erst einmal gar nicht weiter. Dies sei „infolge zwischenzeitlich aufgetretener Überschreitungen von Grenz- und Alarmwerten angezeigt“, heißt es in einem Schreiben, das die Stadt Hamburg im März an den Insolvenzverwalter Torsten Martini richtete, der einen Antrag auf Weiterbau gestellt hatte.

Martini lehnte auf Anfrage der F.A.Z. eine Stellungnahme zu den Setzungsfolgen ab, über die zuerst die NDR-Sendung Panorama berichtet hatte. Demnach soll im Dezember 2024 an der Eisenbahnbrücke beim Elbtower der Alarmwert für die sogenannte Verkantung erreicht worden sein, für die Verwindung sei der Eingreifwert überschritten worden. Daher sei ein Krisenstab einberufen worden. Heike Sudmann, verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, erkennt daher Handlungsbedarf: „Eine Überschreitung dieser Werte zeigt, dass es Probleme gibt.“

In einer kleinen Anfrage an den Senat erinnert sie daran, dass die Deutsche Bahn im Herbst 2021 Widerspruch gegen eine Baugenehmigung für den Elbtower eingelegt hatte. Die Standsicherheit der Bahnanlagen und ein störungsfreier Betrieb seien gefährdet, warnte die Bahn und forderte ein Havariekonzept. Erst aufgrund des Widerspruchs wurden Grenz- und Alarmwerte überhaupt definiert.

„War seit Beginn der Planungen bekannt“

Gelassenheit demons­triert dagegen der Hamburger Immobilienunternehmer Dieter Becken, der Investoren sucht, um den Elb­tower fertigzustellen. „Am Bauwerk Elbtower liegen keine Schäden vor“, schreibt er auf Anfrage. Absehbar seien Setzungsfolgen allerdings durchaus gewesen: „Es ist der Deutschen Bahn und dem Bauherrn des Elbtowers seit Beginn der Planungen bekannt, dass das Bauwerk setzungsempfindlich ist.“

Entsprechende Kompensationen seien zuletzt im April 2024 erfolgt, so Becken. Offenbar wurde ein Lager an einer Eisenbahnbrücke ausgetauscht. Was an weiteren Maßnahmen nötig sei, werde derzeit ermittelt. Die Bahn hatte sich vertraglich zusichern lassen, dass der Eigentümer des Elbtowers die Kosten für die Beseitigung möglicher Schäden aufzukommen hat.

Kühne hat schon die Reissleine gezogen

Nach dem Niedergang des Benko-Imperiums werden mögliche Investoren künftig entsprechend in die Pflicht genommen – was potentielle Geldgeber weiter abschrecken dürfte. Erst vor kurzem hatte sich der Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne aus dem Projekt zurückgezogen: „Vielleicht findet der Insolvenzverwalter ja noch jemanden, der den nötigen Mut hat. Ich habe diesen Mut nicht“, sagte der Unternehmer, der Ehrenbürger der Stadt Hamburg ist. Kühne gehörte zum Kreis jener potentiellen Investoren um Dieter Becken, der mit dem Insolvenzverwalter zuletzt in exklusiven Verhandlungen war. Eine entsprechende Frist war bis Ende April verlängert worden.

Bis dahin müsste der 75 Jahre alte Becken noch Investoren für 180 Millionen Euro finden – und einen Ankermieter. Im Dezember hatte er der Öffentlichkeit den Einzug des ohnehin geplanten Naturkundemuseums als neuen Lösungsansatz präsentiert, der die Fertigstellung des Hochhauses am Rande der Hafencity möglich machen würde.

Die politische Diskussion darüber ist aber nicht abgeschlossen – und sie wird nun durch die Nachrichten über die aktuellen Setzungsfolgen beeinflusst. Demnach gibt es Zweifel, ob die Statik des Elbtowers für die technischen Anlagen der wissenschaftlichen Labors geeignet sei. Mit der bloßen Ausstellung des Museums wäre aber noch keine wirtschaftlich ausreichende Fläche belegt.