Die CSU ist wieder einmal die Schnellste gewesen. Warum hätte sie mit ihrer Zustimmung zum Koalitionsvertrag auch zögern sollen? In der Partei des bajuwarischen Zentralismus hätte auch in drei Wochen noch keiner gewagt, am Verhandlungsergebnis herumzunörgeln, nachdem der Chefverhandler in Berlin vor aller Welt festgestellt hatte: „Passt scho.“ Söder hat tatsächlich auch weitgehend bekommen, was er wollte. Das heißt freilich nicht, dass er von nun an nur noch stiller Teilhaber an dieser Koalition sein wird.
Auf dem Lorbeer des „geeinten“ Koalitionsvertrags können sich aber auch Merz und Klingbeil allenfalls für ein paar Stunden ausruhen. In beiden Parteien gibt es Unzufriedene, die auf den 144 Seiten zu wenig von der eigenen Handschrift erkennen. Dahinter steht die Sorge, noch mehr Wähler und damit Einfluss auf die Geschicke des Landes zu verlieren.
Auch Merz hat keinen Zauberstab
Beiden Parteien, ehemals Volksparteien genannt, müsste allerdings längst sonnenklar sein, warum sie das schlechteste beziehungsweise zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren haben: weil sie über Jahre hinweg Probleme nicht lösten oder sogar leugneten, die dem Volk auf den Nägeln brennen. Die nachhaltig Enttäuschten oder gar Erzürnten haben sich vor allem einer Partei zugewandt, die trumphaft verspricht, alle Probleme im Handumdrehen aus der Welt schaffen zu können.
Das gelingt aber nicht einmal dem von der AfD verehrten Aufschneider im Weißen Haus. Auch Merz wird im Kanzleramt keinen Zauberstab vorfinden. Aber mit vereinten Kräften können und müssen die drei Parteien der politischen Mitte Bedingungen schaffen, unter denen Deutschland wieder zu einem sicheren und prosperierenden Land wird. Glückt ihnen das nicht, dann drohen der Republik politische und gesellschaftliche Verhältnisse, wie man sie schon in vielen anderen Ländern beklagen muss.
„Verantwortung für Deutschland“ steht über dem Koalitionsvertrag. Mancher, der sich wie früher ein „Projekt“ wünscht, hält das für unambitioniert. Dabei könnte die Verantwortung, die auf dieser Koalition lastet, größer kaum sein. Von ihren Entscheidungen hängt nicht nur die Zukunft Deutschlands ab. Nicht ohne Grund verfolgen auch die Nachbarn in Europa ganz genau, was in Berlin geschieht.