Friedrich Merz ist ein Mann der klaren Worte. Umso schwieriger ist es, wenn die Taten nicht dazu passen sollten. In der Außen- und Sicherheitspolitik kann das schnell zu Enttäuschungen führen bei den Partnern. Dann kann Vertrauen verloren gehen. Also sollte Merz schon in den ersten Wochen seiner kommenden Kanzlerschaft viel Kraft investieren, um seinen Worten auch Taten folgen zu lassen. Im Kapitel des Koalitionsvertrages zur Außen- und Verteidigungspolitik kann die schwarz-rote Koalition jedenfalls nicht alle Zweifel ausräumen, dass alles zusammenpasst in dieser dramatischen Lage, in der Deutschland und Europa sich befinden.
Viele Akzente, die Merz im Wahlkampf und nach der Wahl gesetzt hat, wurden bei den Partnern in Europa gerne gehört: die Klarheit bei der Unterstützung der Ukraine, das Hervorheben der Bedeutung von Partnerschaften unter anderem mit Paris, Warschau oder London – und auch der Anspruch, dass Deutschland nicht nur mit den Partnern seine Führungsrolle ausfüllen, sondern künftig auch selbst mit einer Stimme sprechen will. Da Deutschland manchen zuletzt eher sprachlos vorkam oder der außenpolitische Kurs zumindest nicht einheitlich wahrgenommen wurde, wäre das ein Fortschritt. Die Hoffnungen auf einen Kanzler Merz sind groß in Europa.
Klare Worte zu China – aber nicht zu Amerika
Im Koalitionsvertrag finden sich zur Außen- und Sicherheitspolitik viele klare Festlegungen. Zum Beispiel: „Wir wollen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen.“ Deutlich wird die Gefahr für die internationale Ordnung durch das Machtstreben Putins und seinen Angriffskrieg auf die Ukraine benannt, ebenso wie das Ziel, die Bundeswehr nicht nur zur Landesverteidigung zu befähigen, sondern sie auch zur Abschreckungsfähigkeit der NATO beitragen zu lassen. Allerdings wird, anders als von der CDU gewünscht, keine Zielmarke für die Verteidigungsausgaben festgelegt, und der Wehrdienst soll freiwillig bleiben – zumindest zunächst, wie Merz bei der Vorstellung des Vertrags hervorhob. Da darf man gespannt sein, wie er die SPD überzeugen will, dass es ohne ein Pflichtelement nicht gehen wird.
Auch scheint zu der Weltlage nicht passen zu wollen, dass zwar klare und kritische Worte zu China gefunden werden, aber die Sätze zu Amerika fast so klingen, als wäre nichts passiert in Washington. Ganz klassisch wird stattdessen die zentrale Bedeutung des Bündnisses mit Amerika hervorgehoben. Das ist umso erstaunlicher, als Merz durchaus schon klare Worte gefunden hatte – und die Dringlichkeit der Grundgesetzänderung, um höhere Verteidigungsausgaben zu ermöglichen, auch mit Trump begründet worden war. Danach klingt der Vertrag nun nicht.
Einen wichtigen Erfolg kann Merz allerdings verbuchen: Um eine Außen- und Sicherheitspolitik aus einem Guss im Innern abzustimmen und nach außen zu vertreten, hatte er sich für einen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt ausgesprochen. Der steht jetzt trotz allen Widerstands der SPD im Koalitionsvertrag. Allerdings bleiben die Angaben zu dessen Aufbau und Kompetenzen so vage, dass noch nicht sicher ist, wie effektiv der Rat alles zu einer runden Sache wird formen können.
Dafür könnte am Ende im Alltag fast wichtiger werden, was in der Ressortverteilung niedergeschrieben ist: dass zum ersten Mal seit fast sechzig Jahren ein CDU-Kanzler wieder einen Außenminister mit dem gleichen Parteibuch an seiner Seite haben wird. So können Worte leichter zu Taten werden.