Schwarz-rot ist eine Zumutung für junge Menschen

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Es mag eine gute Nachricht sein, dass sich vergangene Woche mit CDU, CSU und SPD drei demokratische Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben, das ist mit Blick auf manche Nachbarländer nicht mehr selbstverständlich. Weniger Anlass zur Freude gibt allerdings dessen Inhalt: Es ist ein Papier der bitteren Kompromisse, das dem Wahlvolk notwendige Zumutungen lieber erspart – mit Ausnahme einer Gruppe: den jungen Leuten.

Es ist dem Vertrag anzumerken, dass weder sie am Verhandlungstisch saßen noch jemand, der sich glaubhaft für ihre Interessen einsetzen konnte. Das Nesthäkchen unter den Spitzenverhandlern war Lars Klingbeil mit zarten 47 Jahren, vom Ruhestand gerade so weit entfernt wie vom Uni-Abschluss im Jahr 2004. Und gedanklich ganz offenbar den Ruheständlern näher als den Studenten. Anders lässt sich kaum erklären, dass auf Bestreben seiner SPD der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rente abgeschafft wird, einst dazu gedacht, die allzu stark steigende Belastung durch Rentenbeiträge abzumildern. Die Mehrausgaben sollen künftig durch Steuereinnahmen ausgeglichen werden – also von der jüngeren, arbeitenden Bevölkerung.

Das demographische Problem ist längst zu einem gesellschaftlichen geworden. Über allem schwebt die Frage, wer hier eigentlich wem etwas schuldig ist. Gewiss haben junge Menschen den Wohlstand, in dem sie aufwachsen, auch ihren Eltern und Großeltern zu verdanken. Die haben mehr Wochenstunden gearbeitet, hatten weniger Urlaubstage und lebten häufig bescheidener als junge Menschen heute. Es gebührt ihnen Anerkennung für das, was sie für sich selbst und für die folgenden Generationen aufgebaut haben.

Die Jungen müssen das Klima retten

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass ein großer Teil des Preises für diesen Wohlstand nicht von ihnen selbst gezahlt wurde. Sie finanzierten ihn auf Pump, zulasten der folgenden Generationen. So haben sie jungen Menschen die Jahrhundertaufgabe hinterlassen, die Erderwärmung einzuhegen, deren Verursacher sie sind. Um den Temperaturanstieg zu begrenzen, sind inzwischen viel drastischere und teurere Schritte notwendig, als es noch in den 1980er Jahren der Fall gewesen wäre, schon damals warnten Forscher vor den Gefahren des Klimawandels. Es wollte ihnen niemand zuhören. Jede Investition, die heute dem Klimaschutz dient, ist eine Rechnung für die Versäumnisse der Vergangenheit, zu begleichen von den Jungen.

Und trotzdem sind es vor allem die Älteren, die jetzt von den Jüngeren etwas fordern: beispielsweise, sich ein Jahr lang in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, sei es im sozialen Bereich oder in der Bundeswehr. Selbst zehrten sie jahrzehntelang von der Friedensdividende, statt das Land für künftige Bedrohungslagen zu rüsten. Sie sparten an Armee und Waffen zugunsten von anderen Investitionen, die Wohlstand und Fortschritt verhießen. Heute ist die Truppe derart dezimiert, das Werben um neue Leute derart schwierig, dass dem Problem mit reiner Freiwilligkeit kaum beizukommen sein dürfte – auch wenn die neuen Koalitionäre dies „zunächst“ versuchen wollen, wie es im Vertrag heißt.

Auch finanziell werden die Lasten der Zeitenwende von den Jungen zu tragen sein. Dass es sich bei den Milliardenschulden, die der alte Bundestag auf den letzten Drücker möglich gemacht hat, um geliehenes und also zurückzuzahlendes Geld handelt: Das scheinen die Politiker in ihrer Euphorie über die geglückte Abstimmung glatt zu vergessen. Die Stimmen, die harte Einschnitte und Reformen fordern, werden immer leiser.

Während die älteren Menschen durch die Investitionen sogar von steigenden Kapitaleinkünften profitieren könnten, bleibt den Jüngeren schlicht immer weniger Geld, das überhaupt anzulegen wäre. Gnade dem, der kein abbezahltes Eigenheim von den Boomer-Eltern erbt. Über diese Ungerechtigkeit können auch keine höheren Bafög-Sätze oder eine „WG-Garantie“ hinwegtäuschen, die das künftige Regierungsbündnis verspricht. An die strukturellen Probleme der Demographie traut es sich nicht heran.