Rechnungshof rechnet vor, wie der Staat 30 Milliarden Euro sparen kann

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Der Bundesrechnungshof (BRH) hat die künftige Bundesregierung aufgefordert, im Falle von Steuervergünstigungen wie dem Dieselprivileg oder für Handwerkerleistungen den Rotstift anzusetzen. Allein bei den mehr als 100 unterschiedlichen Steuervergünstigungen bestehe ein Einsparpotenzial von jährlich 30 Milliarden Euro für Bund und Länder, sagte BRH-Präsident Kay Scheller.

In einem Sonderbericht schlägt die Behörde 22 Maßnahmen vor, um die Einnahmen zu stärken. Dazu gehören auch mehr Entschlossenheit bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und mehr Digitalisierung. Die Tonnagesteuer in der Schifffahrt gehöre auf den Prüfstand.

„Dazu gehört natürlich auch ein Quäntchen Mut, hier Verantwortung zu übernehmen“, räumte der Behördenchef mit Blick auf die Politik ein. Es gehe um Milliardenbeträge, deren Streichung auch mit Verzicht bei den Betroffenen verbunden sei. „Maßnahmen, die zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beitragen, sind dringlicher denn je“, fügte Scheller hinzu. Die Haushaltslage des Bundes sei weiterhin angespannt: „Allein auf konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen zu setzen, hält der Bundesrechnungshof nicht für ausreichend.“

Reform der ermäßigten Umsatzsteuer

Union und SPD schlagen im Entwurf ihres Koalitionsvertrages stattdessen vor, Steuervergünstigungen auszuweiten. Für Essen in der Gastronomie soll die Umsatzsteuer auf sieben Prozent gesenkt werden. Die Entfernungspauschale für Pendler soll steigen. Die steuerliche Begünstigung für E-Dienstwagen wird erhöht.

Scheller ging auf Details des Koalitionsvertrages nicht ein. Was neue Vergünstigungen angehe, müsse die Politik diskutieren. „Wir würden jedenfalls sagen, dass unser Rat ist, nicht auf neue Vergünstigungen zu setzen, eher davon abzusehen“, sagte Scheller. „Denn das schwächt die Einnahmenbasis.“

Konkret fordert der BRH die Abschaffung der im Jahr 2006 eingeführten Steuervergünstigung für Handwerkerleistungen und die Angleichung der Energiesteuersätze bei Benzin und Diesel. In Deutschland können die Arbeitskosten für Handwerkerdienste mit 20 Prozent, höchstens jedoch mit 1200 Euro von der Steuerschuld abgezogen werden. Dem Fiskus entgehen dadurch laut BRH etwa 2,1 Milliarden Euro jährlich. Bei Diesel-Kraftstoff ist die Energiesteuer deutlich geringer, was einst als Erleichterung für gewerblichen Verkehr gedacht war. Die Anhebung des Steuersatzes auf das Benzin-Niveau brächte etwa sieben Milliarden Euro mehr.

Zudem schlägt der BRH eine Reform der ermäßigten Umsatzsteuer von sieben Prozent vor, die bei vielen Produkten anstelle der vollen 19 Prozent erhoben wird. „Wir haben hier über die Jahrzehnte einen Wildwuchs von Steuererleichterungen bekommen, auch auf Güter, die man durchaus eher als Luxusgüter bezeichnen kann“, sagte Scheller. Der ermäßigte Satz müsse auf die Grundversorgung beschränkt werden. Bereits Ende 2022 hatte die Behörde erklärt, dass sich die Steuermindereinnahmen durch den ermäßigten Satz auf 34,5 Milliarden Euro 2021 erhöht hätten.

Auch die Tonnagesteuer für die Seeschifffahrt gehört laut BRH „dringend auf den Prüfstand“. Sie ermöglicht inländischen Reedereien, Gewinne aus Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach der Tonnage zu ermitteln statt nach den tatsächlichen Gewinnen. Bund und Ländern entgingen dadurch mehr als 22,5 Milliarden Euro in den Jahren 2021 bis 2024. Trotz des hohen Subventionsvolumens sinke der Schiffsbestand deutscher Reedereien kontinuierlich und die Zahl beschäftigter Seeleute sei rückläufig. Union und SPD wollen sich „für eine einheitliche Tonnagesteuer für die Hochseeschifffahrt in der EU“ einsetzen.

Der BRH schlägt zahlreiche Maßnahmen vor, die bestehenden Steuergesetze besser durchzusetzen. Entscheidend sei die Digitalisierung der Finanzverwaltung. Moderne IT-Systeme zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug und die Unterstützung der Steuerfahndungsstellen der Länder durch den Bund seien wichtig.