Nachdem Jamie Dimon in der vergangenen Woche schon vor einer Rezession in den USA wegen des eskalierten Handelskonflikts gewarnt hat, legt der renommierteste US-Bankchef noch mal nach. In einem Interview mit der britischen Zeitung „Financial Times“ sagte Dimon, Donald Trumps Handelskrieg drohe die Glaubwürdigkeit der USA zu untergraben. Der im März 69 Jahre alt gewordene Dimon forderte die Trump-Administration auf, mit China schnell den Kontakt zu suchen. „Ich glaube nicht, dass es im Moment ein Engagement gibt.“
Für Dimon, der die größte US-Bank J.P. Morgan seit 2005 führt, laufen die USA Gefahr, ihre Vorrangstellung zu verlieren. Die Finanzmärkte seien durch den Zollkonflikt, aber auch durch Angriffe der Trump-Administration auf wichtige Regulierungsbehörden und Institutionen verunsichert. Dies zeigte sich in der vergangenen Woche an einem starken Wertverlust von US-Staatsanleihen und einer Abwertung des Dollars, beide profitierten anders als üblich ganz und gar nicht während der scharfen Korrektur am Aktienmarkt, was vielerorts als Misstrauensvotum der Finanzmärkte gewertet wurde.
„Kein göttliches Recht auf Erfolg“
„Wir sollten vorsichtig sein. Ich denke nicht, dass sich irgendjemand ein göttliches Recht auf Erfolg anmaßen sollte und sich deshalb darüber keine Sorgen machen sollte“, sagte Dimon mit Blick auf den republikanischen Präsidenten Trump, den einige evangelikale Anhänger wie einen messianischen Befreier verehren.
Dimon hingegen wurde immer mal wieder als Finanzminister einer demokratisch-geführten Administration ins Spiel gebracht. Der J.P.-Morgan-Chef gab zu, dass viele Unternehmenslenker in den USA den Zollkonflikt anfangs unterschätzt hätten. Die von Trump am 2. April am von ihm sogenannten Tag der Befreiung („Liberation Day“) verkündeten reziproken Zölle gegen nahezu alle Länder seien „dramatisch anders“ ausgefallen: „Weit über das hinaus, was die Leute erwartet hatten“, sagt Dimon. Er selbst und andere Vorstandschefs hatten angeblich daraufhin im Weißen Haus angerufen und so mit dazu beigetragen, dass diese Zölle für 90 Tage ausgesetzt wurden. Den weiter eskalierten Zollkonflikt mit dem Systemrivalen China soll nach Dimons Ansicht Finanzminister Scott Bessent lösen und auch mit den Verbündeten über Zölle verhandeln. Bessent sei „ein Erwachsener“. „Ich kenne ihn ein bisschen“, sagte Dimon der FT.
Neben Dimon haben sich auch die Bankchefs David Solomon (Goldman Sachs) und Charlie Scharf (Wells Fargo) in dieser Woche kritisch zum Handelskonflikt geäußert – allerdings vorsichtiger als Dimon. Solomon etwa sagte, die Trump-Administration möge erkennen, dass nur „wenige andere Länder so stark von der globalen Handelsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg profitiert“ hätten wie die USA. Der in diesem Jahr 63 Jahre alt werdende Solomon, der Goldman Sachs seit 2018 führt, nannte den Dollar und die Tiefe des US-Kapitalmarktes als wichtige Treiber etwa für das für seine Bank besonders wichtige Geschäft mit Unternehmenskäufen und Übernahmen (M&A) und Börsengängen (IPO). Wie aus den in den vergangenen Tagen vorgelegten Geschäftszahlen der US-Großbanken hervorgeht, hat dieses lukrative Geschäft schon durch die Kursschwankungen am Aktienmarkt zwischen Januar und März gelitten. Richtig turbulent wurde es dort aber erst ab dem 2. April. Davon wiederum profitierten die Großbanken mit hohen Einnahmen im Aktienhandel. Doch die Bankchefs sprachen übereinstimmend von einer neuen Marktverfassung seit April und wünschten sich mehr Stabilität.

Schon in diesem März ist das von der Universität Michigan seit 1978 jeden Monat gemessene Verbrauchervertrauen auf den zweitniedrigsten Stand gefallen. Nur während Corona war es im Juni 2022 noch geringer. Weil viele Amerikaner überschuldet sind und eine Rezession droht, berichten die Banken schon vermehrt über ausfallegefährdete Kredite.