So will Donald Trumps Regierung Migranten aufspüren

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Als Donald Trump dem spanischsprachigen Ableger des Senders Fox News in dieser Woche zum ersten Mal ein Interview gab, klang der Präsident in Bezug auf das Migrationsthema ungewöhnlich zahm. Statt wie üblich seine „massenhaften Abschiebungen“ zu bewerben, sagte Trump, Migranten ohne Aufenthaltsstatus würden in der Praxis durchaus anders behandelt als Kriminelle ohne Papiere. Man wolle es den „Guten“ ermöglichen, einen legalen Weg zurück in die Vereinigten Staaten zu finden. „Wir werden mit ihnen arbeiten“, versprach er.

Doch in der Realität bedient sich die amerikanische Regierung dieser Tage beispielloser Methoden, um Menschen ohne Papiere ausfindig zu machen. Mitarbeiter von Elon Musks „Stelle für Regierungseffizienz“ haben in den vergangenen Wochen Zugang zu Datenbanken mehrerer Behörden mit privaten Personendaten erhalten. Mithilfe dieser Informationen sollen Menschen ohne Papiere identifiziert werden, um sie abzuschieben oder so viel Druck auf sie auszuüben, dass sie das Land „freiwillig“ verlassen.

Im Wohnungsbauministerium etwa soll es laut der „Washington Post“ künftig eine Regelung geben, wonach Familien, in denen Personen mit und ohne Papiere leben, kein Anrecht auf gefördertes Wohnen mehr haben. Mitarbeiter von DOGE wollen Familien auf dieser Grundlage offenbar auch bereits bewilligte Sozialwohnungen entziehen. Darüber hinaus hat die amerikanische Steuerbehörde IRS in der vergangenen Woche eine Vereinbarung mit dem Heimatschutzministerium getroffen, wonach die Einwanderungsbehörde ICE künftig auf private Steuerzahlerinformationen zugreifen darf, um Personen ohne Papiere auszumachen.

Tausende Namen in Datenbanken für Tote

Die Sozialversicherungsbehörde SSA, die unter anderem Programme für Behinderte und Rentner verwaltet, fügte derweil mehr als 6000 vornehmlich lateinamerikanische Migranten einer Datenbank mit „toten“ Personen hinzu. Damit wird es ihnen künftig erschwert, einer legalen Arbeit nachzugehen oder ein Konto zu eröffnen. Die Liste wird üblicherweise von Regierungsbehörden, Arbeitnehmern und Banken verwendet, um unzulässige Zahlungen zu verhindern. Die betreffenden Migranten waren unter speziellen Einwanderungsregelungen der Biden-Regierung legal eingereist, ihr legaler Aufenthaltsstatus wurde in der Zwischenzeit jedoch widerrufen.

Die Regierung begründete die Verschiebung in die Datenbank mit bestehenden Vorstrafen oder einer „Terroristen-Beobachtungsliste“, auf der die Leute stünden. Der Schritt schütze die amerikanischen Bürger, sagte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt. Es waren laut amerikanischen Medien jedoch auch Kinder auf der Liste. Die „finanzielle Existenz“ dieser Leute würde „beendet“, schrieb der amtierende Leiter der SSA, Leland Dudek, laut der „New York Times“ in einer E-Mail an seine Mitarbeiter. Zuvor soll er der Einwanderungsbehörde ICE schon im Februar die letzten bekannten Adressen von 98.000 Personen weitergegeben haben.

Das geht laut Beamten der Sozialversicherungsbehörde weit über den üblichen Datenaustausch zwischen Behörden hinaus. Entsprechende Anfragen der Einwanderungsbehörde gegenüber dem SSA waren in der ersten Trump-Präsidentschaft noch zurückgewiesen worden. Mitarbeiter warnen dieser Tage davor, dass mit entsprechender Berechtigung jeder innerhalb der Behörde jemanden in der Kartei für tot erklären könne – ohne Nachweis. Fachleute warnen außerdem vor einem Vertrauensverlust in die Behörden. Man müsse künftig fürchten, dass private Daten dazu verwendet würden, den Leuten nachzustellen. Aus dem Heimatschutzministerium hieß es dazu, die Regierung tue endlich, was längst überfällig gewesen sei: „Informationen innerhalb der Regierung austauschen, um Probleme zu lösen“.

„Das ist ein Typ, den wir behalten wollen“

Präsident Trump wählte in dem Interview mit Fox, das spanisch untertitelt war und sich vornehmlich an Latinos richtete, bedächtigere Worte. Sein Sieg im vergangenen November beruhte auch darauf, dass viele in dieser traditionell demokratisch geprägten Bevölkerungsgruppe für Trump gestimmt hatten. Im Gespräch mit Fox hob Trump gleich zu Beginn hervor, man wolle ja auch, dass Leute ins Land kämen, nur eben legal. Dann spielte die Moderatorin den Beitrag eines Mannes ein, der vor zwanzig Jahren aus Mexiko illegal in die Vereinigten Staaten eingereist war und der inzwischen Kinder mit amerikanischer Staatsbürgerschaft hat: Ob er, ein Fan Trumps, hart arbeitend und mit Familie, anders behandelt werde als die unter Präsident Joe Biden eingereisten „Illegalen“? Letztere charakterisiert Trump in der Regel pauschal als psychisch krank, Drogenhändler und Kriminelle.

Trump antwortete, der Umgang unterscheide sich grundsätzlich nicht, wohl aber „in der Praxis“. Wenn er diesen Mann sehe, dann denke er: „Das ist ein Typ, den wir behalten wollen“, auch wenn er für diese Bemerkung vermutlich kritisiert werde. Doch das sei „ein guter Mann“, das sehe er gleich. Er habe seiner Einschätzung nach nichts zu befürchten, sagte Trump weiter. Dann warb er für das geplante „Selbst-Abschiebe-Programm“ der Regierung. Man wolle am Ende, dass die Leute das Land eigenständig verließen und dann legal wieder einreisten. Er wisse noch nicht genau, wie das laufen werde. Doch man werde ihnen Geld und ein Flugticket geben, „und dann arbeiten wir mit ihnen, wenn wir sie wiederhaben wollen“. Man werde es „angenehm“ für sie gestalten.

Doch auch an dieser Stelle sollen die gesammelten Daten der Regierung helfen, die „freiwilligen“ Selbst-Abschiebungen zu beschleunigen – denn wer technisch für „tot“ erklärt wurde oder mit der ständigen Angst vor einer Abschiebung durch die Weitergabe seiner Daten lebt, könnte diesen Schritt eher in Betracht ziehen. Trump hat den Amerikanern schließlich versprochen, in seinem ersten Jahr im Amt eine Million Menschen abzuschieben.